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To Italy, with great company




Anmerkung: meine Blog-App ist in den letzten Monaten (eigentlich Jahren) unglaublich mühsam geworden für das Einfügen und Hochladen von Bildern via Handy. Ich habe diverse Alternativen probiert, eine schlechter als die andere, und habe langsam den Verdacht, dass Google den Blogger still und leise sterben lässt. Da viele von euch nur wegen der Bilder hier mitlesen, tut es mir mega leid, aber ich habe nicht genug Zeit und Nerven für den Upload von hundert Bilder pro Blogpost. Daher gibt es ab sofort nur noch wenig Bilder im Blog. Aber auf Polarsteps findet ihr haufenweise Fotos, meistens viel aktueller als hier auf dem Blog. Hier nochmals der Link:


Wanderlust 2021, Woche 32: 
Am Sonntag fahre ich mit Chantal zurück ins Tessin, sie wandert eine Woche mit mir bis ins Wallis. Die neue Wanderwoche wird ein bisschen wie Ferien für mich: der Wetterbericht verspricht eine Woche ununterbrochenen Sonnenschein (unglaublich!), alle Unterkünfte sind gebucht, der Rucksack leicht (Zelt, Isomatte und Kocher bleiben daheim), und ich kann mit der Seilbahn quasi bis zur ersten Hütte fahren. Von der Robiei bis zur Basodinohütte läuft man nur 10 Minuten, doch wir brauchen etwas länger, da wir noch Steinböcke aus nächster Nähe beobachten können. Auf der Hütte empfängt man uns mit einem leckeren Apero: Antipasti, selbstgebackenes Brot, guten Wein.




Das Abendessen schmeckt ebenfalls hervorragend (Risotto mit Birnen und Gorgonzola). Da nur wenige Gäste auf der Hütte sind, haben wir ein Mehrbettzimmer für uns allein und schlafen super. Nach einem leckeren Frühstück brechen wir auf zur ersten, gemeinsamen Etappe. Da wir eine Woche zusammen von Hütte zu Hütte gehen, sind die Wandertage etwas kürzer als meine sonstigen Etappen, und ich muss ausserdem weniger Proviant schleppen. Mein Rucksack ist wunderbar leicht! Dafür taufe ich bald meine neuen Schuhe, denn bei der ersten grösseren Bachüberquerung fällt mir ein Wanderstock ins Wasser und rast in der Strömung talwärts - ich springe heroisch ins kalte Wasser, um ihn zu retten und muss danach mit klitschnassen Füssen wandern. Zum Glück trocknet alles schnell wieder in der Sonne. Heute geht es über die Grenze ins Piemont, doch zunächst müssen wir 800 Höhenmeter überwinden. Gut, dass wir uns so lange nicht gesehen und entsprechend viel zu erzählen haben, anfangs fliegen die Höhenmeter nur so dahin. Wir geniessen kurz die Aussicht auf den Basadino und seinen mächtigen Gletscher, doch dann sind wir in den Wolken und keuchen über riesige Steinplatten auf die Bochetta di Val Maggia. Es ist steil, wir lassen das Quasseln vorerst. Oben liegen noch mächtige Schneefelder, doch zum Glück ist keines davon schwierig zu queren. 





Kurz hinter dem Pass finden wir ein windgeschütztes Plätzchen zwischen den riesigen Felsblöcken und mampfen unser Picknick, während wir die Aussicht auf die ersten Walliser Gipfel geniessen - auf der italienischen Seite scheint die Sonne. Zahlreiche türkisblaue Seen säumen unseren Weg auf dem Abstieg zum Rifugio Maria Luisa. Leider ist es heute recht frisch und windig, obwohl die Sonne scheint. Wir lassen das baden daher sein und frösteln lieber auf der Terrasse der Hütte bei unserem wohlverdienten Bier. Natürlich kommt es nicht in Frage, dass wir uns reinsetzen oder die warme Jacke rausholen, bei dem schönen Wetter. Doch die Hütte hat eine heisse Dusche, so wird uns bald wieder warm. Sogar WLAN gibt es. Auch hier haben wir ein kleines gemütliches Mehrbettzimmer für uns alleine. Leider wird es das letzte Mal sein in der Woche, dass wir es so komfortabel haben, was wir aber in dem Moment noch nicht wissen (das ist wohl auch besser so...). Das Abendessen schmeckt hervorragend und ist reichlich - es gibt Pizzoccheri als Vorspeise, dann Braten mit Sauce (Käse für Chantal), Gemüse und Brot, zuletzt noch ein Dessert. Wir platzen fast. Auf dieser Hütte sind etwas mehr Gäste als am Tag zuvor, und wir stellen bald fest, dass wir einige von ihnen morgen wieder treffen werden, denn ich verlasse hier vorerst die rote Via Alpina und wandere auf der blauen Route weiter, die sich oft mit dem GTA (Grande Traversata delle Alpi) überschneidet. Der GTA ist weitaus beliebter und kürzer als die rote Via Alpina, vom GTA gibt es auch Wanderführer, und man kann ihn gut ohne Zelt wandern. Viele unserer Mitwanderer gehen ein oder zwei Wochen von Hütte zu Hütte auf dem GTA, andere machen die Alta Via Valle Maggia. 
Am Morgen steigen wir ab nach Riale und gleich wieder auf in Richtung Alpe Vannino. Man merkt, dass in Riale eine Strasse mit grossem Parkplatz hochführt, denn die Wanderwege sind voll. Halb Norditalien scheint in Gruppen oder Grossfamilien unterwegs zu sein, doch die meisten gehen nicht weit - zum ersten See vielleicht, oder bis zu einer nahen Hütte. Auf dem Weg zur Alpe Nefelgiu sind wir bald wieder allein und geniessen den Tiefblick auf die türkisblauen Stauseen. Heute ist es warm, wir geniessen unsere Picknickpause in der Sonne. 



Der Aufstieg zum Passo die Nefelgiu zieht sich in die Länge, aber Langeweile kommt keine auf: Altschneefelder, riesige Steinblöcke und herrliche Alpweiden wechseln sich ab. Auch das Gestein ist sehr spannend. Es ist eine kristallreiche Gegend, und die Felsen am Weg glitzern in allen Farben. Auf dem Pass geht ein heftiger Wind, und wir verweilen nicht lange, obwohl wir in den felsigen Gipfeln über uns Steinböcke vermuten, die sich jedoch nur durch Steinschlag bemerkbar machen. 


Im Abstieg wird es dann noch fast abenteuerlich, als wir durch steilen, silber glitzernden Schlamm rutschen. Bald erreichen wir das Rifugio Margaroli am quietschblauen Vannino Stausee. Wir geniessen ein sardisches Bier auf der Terrasse und schauen den Älplern beim Eintreiben der Kühe und den Murmeltieren beim Protestieren darüber zu. Unsere Tischnachbarn von gestern treffen auch ein, sie sind eine andere Route gegangen, die auch spannend tönt. In der Hütte kommt dann etwas Ernüchterung auf: es hat nur Stehklos, keine Plastik-Hüttenfinken (wir haben zwar unsere eigenen mit, aber sie sind etwas unpassend für die Toilettensituation...). Unser Zimmer müssen wir heute teilen, immerhin nur mit einem Pärchen. Die Betten werden jedoch zugeteilt, damit die Abstände eingehalten werden, und die Leitern in die oberen Stockbetten sind eine Herausforderung. Immerhin, es könnte schlimmer sein, denn es gibt hier dreistöckige Betten! Dafür ist unser Zimmer bunt bemalt - ein riesiger Adler prangt an der Decke. Im Waschraum herrschen engste Platzverhältnisse, es ist alles irgendwie nass und und unpraktisch, der Duschvorhang klebt einem wie ein Rock an den Beinen. Die meisten von uns ertragen es halbwegs mit Fassung, aber eine ältere Italienerin kriegt sich nicht mehr ein vor Empörung, ständig ist sie am "pfuttere", schimpft mit allen, die aus der Dusche kommen, und löscht demonstrativ das Licht auf den Toilettenkabinen, sobald jemand drauf kauert. Fies! Der Lichtschalter ist ausserhalb der WC-Kabine, und wenn man mit runtergelassenen Hosen über einem nassen, unhygienischen Loch im Dunkeln hockt, ist das im ersten Moment nicht sehr lustig. Es dauert eine Weile, bevor wir Frauen realisieren, dass die Alte wohl nicht ganz alle Tassen im Schrank hat. Irgendwann im Verlauf des Abends schafft sie es auch, den ganzen Damen-Waschraum abzusperren. Eine Hüttengeschichte vom Feinsten! Zum Abendessen gibt es  leckere Pasta Quattro Formaggi als Vorspeise, danach mit Käse überbackene Polenta, Gemüse, Bohnensalat und Fleisch, bzw. Käse für die Vegis. Es schmeckt toll und tröstet über die etwas weniger konfortablen Hüttenverhältnisse hinweg. Heute sind alle Tische besetzt und die Hütte ist ziemlich voll. Abends taucht noch eine Gruppe Jugendlicher auf ihren Dirtbikes auf, und veranstaltet einen Riesenlärm, bevor sie mit ihren Testosteronmaschinen wieder talwärts brausen. Ich schlafe nicht sehr gut. Die Wasserleitung gurgelt direkt neben meinem Bett durch die Wand, sobald jemand aufs Klo geht.
Am nächsten Tag müssen wir nur wenige Höhenmeter aufsteigen und nehmen es gemütlich beim Frühstück. Als wir loslaufen, ist der Himmel recht düster, gar nicht so, wie der Wetterbericht versprochen hat. Tatsächlich regnet es sogar kurz aber heftig (wir haben gerade die Regensachen angezogen, als es schon wieder aufhört). Bald ist der Himmel wieder blau, und wir erreichen schon vor dem Mittag die Scatta Minoia und das grell angemalte Conti-Biwak, wo wir gut geschützt vor dem heftigen Wind unser Picknick einnehmen. 





Der Abstieg zur Alpe Devero ist noch weit, doch der Weg ist leicht und die Aussicht traumhaft schön. Erst geht es an zahlreichen, kleinen Seen vorbei, wir geniessen die Aussicht auf die Walliser Viertausender, und bald kommt der Lago di Devero in Sicht, der wunderschön zwischen lichtem Bergwald eingebettet liegt. Irgendwie sind wir beide überrascht, wir hatten nicht mit Wald gerechnet, und der Anblick erinnert an Kanada oder Skandinavien. Es ist auf jeden Fall Genusswandern vom Feinsten. 



Wir legen uns in eine Wiese zwischen die Kuhfladen und machen Siesta - und werden von Schmetterlingen umschwärmt. Naja, es sind hauptsächlich die Bläulinge, die sonst auf den Kuhfladen sitzen...
Da man bis Alpe Devero mit dem Bus oder Auto fahren kann, ist dies natürlich kein Geheimtipp mehr, und ab Crampiolo währt man sich am Seealpsee an einem schönen Sonntag, oder fast noch schlimmer. Es herrscht Ferienlager-Stimmung, überall sind Leute am Picknicken, Baden, Sonnen. Wir steigen noch weiter ab bis zum Rifugio Castiglioni, welches am Waldrand etwas abseits der Hotels von Alpe Devero steht und sehr ruhig gelegen ist. Gegen Abend lichten sich auch die Massen auf der Terrasse der Hütte und wir geniessen unser Moretti-Bier. Als wir dann aber unsere Betten gezeigt bekommen, folgt die grosse Ernüchterung: wir sind zuoberst unter dem Dach einquartiert, in einem riesigen Schlafsaal mit 20 Betten, der bereits gut belegt und schon ordentlich von der Sonne aufgeheizt ist. Da brauche ich gleich noch ein zweites Bier. 



Die Schlange vor der Dusche ist mir zu lang, ich beschliesse, mich am Lavabo zu waschen, als ich realisiere, dass dies der einzige Waschraum der Hütte ist - also Männlein und Weiblein gemischt, denn in dem Moment kommt ein junger Mann im lila Bademantel aus der Dusche. Nach zwei Bier ist mir das jetzt auch egal, und ich sage noch zu Chantal, dass so ein Rock noch praktisch sei, "da kann ich in Ruhe meine Mu... (ihr wisst schon) waschen", als sich der junge Lila-Bademantel-Träger mit einem "Entschuldigung, danke!" an mir vorbeiquetscht. Während Chantal quiekt vor Lachen, stehe ich kurz bedröppelt da, dachte ja nicht, dass mich hier irgendjemand versteht, schon gar nicht mit so einem Bademantel. Offenbar können auch die Italiener Fremdsprachen, es bleibt unklar, wie viel er verstanden hat, und wir haben endlos daran zu kichern. Den Humor brauchen wir auch, denn die Hütte füllt sich noch mehr, die Toilettensituation ist ähnlich desolat wie am Tag zuvor, nur jetzt noch gemischt (am nächsten Morgen geht auch Toilettenpapier und Handseife aus...), und dann ist auch noch das Bier alle. Wir wechseln zum Rotwein und versuchen dennoch, den Abend zu geniessen, aber ich sehne mich unendlich nach meinem Zelt. Die Nacht wird so unangenehm wie befürchtet: es ist heiss, eng, laut. Ein Powerschnarcher legt sich direkt neben Chantal, meine Oropax sind machtlos gegen sein Gesäge. Nachts höre ich Chantal ein paarmal laut klatschen, um ihn wenigstens für ein paar Sekunden ruhigzustellen. Jedes Mal, wenn sich jemand auf unserer Seite des Schlafsaals bewegt, ruckeln alle Matratzen mit. Es wird keine erholsame Nacht und am Morgen fühle ich mich wie gerädert. Wenigstens gibt es ordentlich Frühstück heute. Das Gute daran: heute Abend haben wir in Binn ein Hotel gebucht, das wird sicher sehr erholsam. Unsere Tischnachbarinnen beim Frühstück kommen von dort und waren jedenfalls begeistert. 
Glücklicherweise können wir die ersten Höhenmeter im Wald aufsteigen, denn heute ist es sehr warm. Doch in Pian della Rossa ist es vorbei mit Schatten. Zwischen riesigen Felsbrocken steigen wir auf Richtung Geisspfadpass. Bald geht es direkt durch die Felswand, ein paar Leitern und Ketten machen es spannend. Wir lieben beide solche Passagen und machen eine richtige Fotosession mit der Eisenleiter. 






Bald stehen wir oberhalb der Felswand, doch der Pass ist noch ein rechtes Stück weiter. Nun geht es über eine Hochebene, durchsetzt von ein paar Seen und tausenden, gigantischen Felsbrocken. Gar nicht so leicht, sich in dem Labyrinth zurechtzufinden!


Wir kommen jedenfalls ziemlich geschafft auf dem Geisspfadpass und der Schweizer Grenze an. Nach einem Picknick geht es talwärts, doch Chantal kennt diese Strecke bereits und weiss, dass es ziemlich weit ist - inklusive ein paar happiger Passagen, wo man konzentriert von Fels zu Fels hüpfen muss. Weil es so warm ist, beschliessen wir, einen kleinen Umweg zum Mässersee zu machen, um wenigstens die Füsse zu kühlen. Doch der See ist so schön, und baden erlaubt, dass wir uns gleich ganz reinschmeissen. Naja - also wir staksen fiepend und luftschnappend bis zum Bauchnabel rein, und brauchen eine Ewigkeit, ins kalte Wasser zu tauchen. Doch dann ist es herrlich! 


Danach relaxen wir auf den warmen Felsen, bis wir einigermassen trocken sind (leider war es zum Nacktbaden dann doch zu bevölkert, und da wir beide keinen Bikini dabeihaben, muss jetzt die Unterwäsche trocknen). Die letzten paar Kilometer und Höhenmeter nach Binn gehen wir dann fast ganz entspannt (am Schluss wird es noch so steil, dass ich den "Chnüschlotteri" krieg und anfange zu jammern, ob wir bald da sind...). Endlich in Binn angekommen, bestellen wir als erstes ein grosses Bier und chillen auf der Terrasse. Natürlich dehnen wir zwischen zwei Bierschlucken schön brav, damit es keinen Muskelkater gibt. Die Dusche ist ein Traum, sie hat so viel Power, dass es uns fast weghaut. Auch die Betten sind super, Chantal ist begeistert von den Matratzen. Das Abendessen ist ebenfalls der Hammer, es gibt eine Currysuppe, danach Risotto mit zartrosa Lammhüftli, zum Dessert selbstgemachte Sauerampfer-Glace mit Aprikosentörtchen. Wir schweben auf Wolke sieben, und ich freue mich schon auf eine erholsame Nacht. Aber als ich das Fenster öffne (es war der bisher heisseste Tag des Jahres im Wallis), röhrt im Hinterhof eine Lüftung, und später kommen noch sturmartige Böen hinzu, die draussen viel Lärm veranstalten. Also Fenster wieder zu und in den tollen Betten schmachten...
Nach einem tollen Frühstück verlassen wir unsere schöne Pension und machen uns auf zur letzten gemeinsamen Etappe. Sie führt uns auf den Saflischpass. Der langgezogene Anstieg wirkt auf der Karte langweilig, ist aber in Wirklichkeit sehr schön und recht abwechslungsreich. Erst geht es durch den Wald auf einem steilen aber angenehmen Weg, danach folgen wir eine Weile dem Fahrweg auf die Alpen und teilen uns die Strasse mit zahlreichen Mountainbikern. Wir treffen ein Paar auf E-Bikes, welches wir noch mehrfach sehen an dem Tag, das letzte Mal zum Schluss beim Biertrinken. Murmeltiere pfeifen und machen Männli für uns, und es hat wunderbare Blumen am Weg. Die Blütenpracht ist nun eine andere, es sind die Spätsommerblumen, aber sie stehen dem Bergfrühling in nichts nach. Bald sind wir so hoch, dass wir unseren Pass vom Vortag sehen können, und staunen wieder einmal, welche Distanzen man zu Fuss in einem Tag schafft. 



Am Wegrand stehen in regelmässigen Abständen kleine Fähnchen oder Leuchtbändel, und wir lesen darauf, dass hier das Swiss Alps Ultra 100 stattfindet - oder stattfand, wir wissen es nicht. Endlich, die Sonne neigt sich schon dem Horizont entgegen, stehen wir auf dem Saflischpass und blicken auf zahlreiche Walliser Viertausender und das mächtige Rhonetal. 



Der Abstieg ist bald geschafft (wir quasseln über Männer, da geht die Zeit im Nu vorbei) und pünktlich zum Feierabendbier stehen wir auf dem Fleschboden, unserer Unterkunft für heute Nacht. Die beiden Biker sitzen auch schon beim Bier. Der Wirt bringt uns zwei grosse, frisch gezapfte Quöllfrisch und erklärt uns, dass er gleich weg müsse, aber später wieder kommt. Wir dürfen in der Zwischenzeit einfach Getränke und Snacks nehmen und Strichli machen auf dem Zettel - wir sind die einzigen Gäste. Passt prima für uns, denn das erste Bier ist rasch verdampft - wir mussten ja ordentlich dehnen dazu, und ausserdem läuft super Musik (Radio RRO Müsig pur), da werden Tanzvideos aufgenommen. Bald brauchen wir Nachschub und versuchen uns selber am Zapfhahn (etwas, das ich seit etwa 20 Jahren nicht mehr gemacht habe...). Das gelingt ganz ordentlich, und wir werden immer lustiger. Nun film-interviewen wir uns gegenseitig, kommentieren unsere Wanderwoche und unsere Lieblingsmusik als Teenies. Es wird immer lustiger. Bald ist der Wirt zurück mit Kollegen, die nun tatkräftig mithelfen, ein Festzelt und Bänke aufzustellen. Tatsächlich ist der Ultramarathon (160 km, also 100 Meilen) nämlich heute morgen in Fiesch gestartet, und dies hier ist die letzte Versorgungsstation - die ersten Läufer werden morgens um 4 Uhr erwartet. Chantal und ich, mittlerweile bei Wein und Pasta angelangt, sind Feuer und Flamme und wollen mithelfen. Wir sind ja quasi auch Ultraläufer, nur halt ein bisschen langsame. Damit wir nicht einschlafen, trinken wir noch ein bisschen vom feinen Walliser Wein, beobachten Pleiaden-Sternschnuppen, tanzen noch ein bisschen auf der Terrasse, welche einen fantastischen Tiefblick ins Rhonetal bietet - insbesondere bei Nacht ein Hammer Anblick. 




Natürlich drehen wir noch ein paar Interviews mit der Handykamera, und geben unseren Senf zu Endurance Rennen. So um elf Uhr holt uns dann aber doch die Müdigkeit ein (erstaunlich!), und wir nehmen Vernunft an, bestellen keinen weiteren Wein und wanken ins Bett. Ich erwache kurz um vier Uhr, als ich die Helfer aufstehen höre, doch nicke gleich wieder ein. Bestimmt kommen auch noch ein paar Läufer bei Tageslicht vorbei. Und so ist es dann auch. Als wir um acht Uhr mit Sonnenbrillen und leichtem Brummschädel auf der Terrasse zmörgelen, sind erst das allerschnellste, halbe Dutzend Läufer durch, nach und nach tröpfeln jetzt immer mehr ein. Manche trinken nur kurz was, andere sitzen, essen Pasta oder schlafen am Tisch ein. Alles in allem bin ich überrascht, die sind viel besser zwäg als ich erwartet hätte (sie haben bereits 120 km und Tausende Höhenmeter in den Beinen, sind seit 24 Stunden wach, und die meisten sind nicht mehr ganz jung). Die allermeisten mögen noch lachen und Witze reissen. Hut ab! Ich finde es zwar verrückt, so ein Rennen zu laufen, aber ich hätte erwartet, dass hier alle auf den Knien anzurutschen kommen und vor die Hütte kotzen - das tut keiner, den wir sehen. Alle jöggelen nach einer Stärkung weiter. Wir packen auch unser Zeug und wandern noch eine halbe Stunde nach Rosswald, von wo aus wir mit der Seilbahn absteigen und nachhause fahren. Für Chantal ist es das Ende ihrer Wanderwoche mit mir - es war eine super Zeit, danke fürs Mitwandern, Chantal! 



Weil ich meinen Schatz vermisse, fahre ich ebenfalls ins Appenzell. Den Sonntag verbringe ich daher daheim mit Sven. Weil es immer noch so heiss ist, fahren wir mit den Velos in die Drei Weihern und chillen. Es wird ein schöner, erholsamer Ruhetag, bevor ich am Montag wieder nach Rosswald fahre, und alleine weiter nach Süden wandere. 

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