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Zu Fuss rund um La Gomera

 


Wanderlust 2021, Woche 4: 

Am Sonntag nehme ich die Fähre nach La Gomera. Die Sonne strahlt, es ist warm und so sommerlich, dass ich die ganze Überfahrt draussen verbringe. So sehe ich mehrere Delfine springen (mindestens so viel wie auf der Whale watching tour) und lerne auch ein paar interessante Leute kennen. Bald kommen die steilen Küsten von La Gomera in Sicht, doch die Fähre macht erst noch einen Abstecher nach Teneriffa, was mir ein paar schöne Ausblicke auf den Vulkan Teide ermöglicht. Die Überfahrt dauert mehrere Stunden, und als wir den Hafen von San Sebastian erreichen, ist es bereits Abend. Ich gönne mir eine Pizza auf der Plaza, bevor ich früh zu Bett gehe. Am nächsten Morgen will ich meine Inselumrundung starten, diesmal zu Fuss.



 


 
 


Der erste Wandertag beginnt wenig anstrengend auf der Strasse, welche aus San Sebastian ins Landesinnere führt. Zum Glück ist es morgens noch kühl, denn die Sonne brennt sommerlich heiss vom Himmel und das Gehen auf Asphalt ermüdet. Nach mehreren Stunden beginnt endlich der Wanderweg, und es steigt nun auch steil an. 






Schon von weit her kann ich den Pass sehen. Die Landschaft wird wüstenartig, Kakteen wachsen am Wegrand, und es geht in die Felsen. Es ist heiss, richtig sommerlich. Weil mein Wasser alle ist, versuche ich, meinen Durst mit den Kaktusfeigen zu löschen, obwohl ich es doch besser weiss aus Mexiko. Diese Kaktusfrüchte haben so feine Stacheln, dass einem noch stundenlang danach die Lippen und Finger pieksen. 

 





Es sind fast 700 Höhenmeter zu überwinden, und so wird es Nachmittag, bis ich oben ankomme. Mittlerweile ist mein Wasser alle, denn Quellen gibt es keine. Da ich davon ausgehe, dass das einsame Landhotel, in welchem ich ein Zimmer für den Abend gebucht habe, kein Restaurant hat, habe ich nicht nur ein Abendessen, sondern auch eine kleine Weinflasche über den Berg geschleppt. Die muss jetzt dran glauben, zusammen mit dem leckeren Ziegenkäse schmeckt das ganz vorzüglich als "Gipfelmenü". Dabei werde ich Zeuge eines tollen Wetterphänomens, welches sich ähnlich wie auf La Palma an der Caldera verhält: von Norden her kommt kalte, feuchte Luft vom Meer und wirbelt wie eine Wolkenwelle über den Pass. Ausserdem ändert sich die Vegetation schlagartig: auf der Passhöhe endet die Wüste abrupt und geht in den Nebelwald über. Sehr beeindruckend!






Der Abstieg beginnt dann auch abenteuerlich im düsteren, feuchten Nebelwald, der Weg ist steil und glitschig. 

 









Doch bald komme ich auf einen breiten Wanderweg und marschiere flott beim letzten Tageslicht ins Tal. Auf den letzten Kilometern wandere ich durch fruchtbare Felder, Obst- und Gemüseplantagen. Die meisten Früchte sind mir unbekannt. 



 

Bald darauf erreiche ich mein vorgebuchtes Hotelzimmer. Dort gibt es wundersamerweise auch ein leckeres Restaurant, so dass ich gediegen speise und trinke, bevor ich erschöpft ins Bett falle.

Am nächsten Morgen ist es kühl und bewölkt. Ich bin etwas enttäuscht, denn heute führt der Wanderweg direkt an einer Playa vorbei, und da die Etappe sehr kurz ist, hatte ich mich auf etwas Beach-Time gefreut. Bei dem Wetter eher nicht so anmächelig. Als ich den Strand erreiche, ist es vorbei mit der Enttäuschung, denn hier hätte ich sowieso nicht baden können - es hat riesige, Fussballgrosse Kiesel und die Wellen gehen heftig. Also marschiere ich gleich weiter, durch steile Terrassentreppen hoch nach Agulo, wo ich in einem schönen Kolonialhaus mit einem richtigen Patio (Innenhof) unterkomme. Abends geniesse ich zwei riesige Thunfischfilets im Dorfrestaurant.







Der nächste Tag wird wieder sehr streng - es geht hoch Richtung Zentrum der Insel, welches auf einer Art Hochebene liegt. Viele Höhenmeter! Endlich oben, geniesse ich dafür eine fantastische Aussicht auf die Nachbarinsel Teneriffa. Bald komme ich zum Informationszentrum des Nationalparks, wo ich eine ausgedehnte Mittagspause mache und im Restaurant daneben einheimische Kost geniesse. 





Lustige Illustration des Inselklimas im Infozentrum

Brunnenkressesuppe mit Gofio

Am Nachmittag geniesse ich das wilde Hochplateau, der Wanderweg führt fleissig auf und ab, von einem Tal ins andere. Gegen Abend erblicke ich eine berühmte Felsformation von La Gomera, den Roque el Cano hoch über Vallehermoso. Ein steiler Abstieg bringt mich erneut beim letzten Tageslicht ins Tal hinunter, wo ich eine einfache Ferienwohnung für eine Nacht gemietet habe (leider mit kalter Dusche und nächtlichem Katzengejammer vor dem Fenster). Der Tag war anstrengender als gedacht, denn obwohl es streckenmässig nicht weit war, hat mich das Auf und Ab und die Hitze recht fertig gemacht.






Vor der nächsten Etappe hatte ich am meisten Respekt, denn sie führt mich auf über 1000 Meter zu den höchsten Gipfeln der Insel, mitten in den Nationalpark Garajonay hinein. Da ich früh starte, ist es noch kühl und der Aufstieg dann gar nicht so schlimm wie befürchtet. Oben wandere ich die letzten paar Kilometer durch den Nebelwald. Doch heute scheint die Sonne, es ist alles trocken und kein Nebel wabert durch den Wald. Daher verliert der Wald etwas von seiner Mystik - es wirkt einfach wie ein immergrüner Winterwald. Das Moos an den Bäumen kommt nicht so recht zur Geltung. Dieser Wald muss einfach bei Nebel oder Regen besichtigt werden, sonst wirkt er nicht! Nun, ich hatte ja bereits das Vergnügen in La Palma, daher freue ich mich über den sonnigen, warmen Abend auf der Hotelterrasse in Las Hayas. 












In Las Hayas lege ich einen Ruhetag ein und überlege mir, wie die Reise weitergehen soll. Eigentlich wollte ich so lange auf den Kanaren bleiben wie möglich, bis zum Geburtstag meines Vaters Ende Februar. Doch nun ist Spanien wieder auf der Quarantäneliste der Schweiz, und in einer Woche braucht es auch noch zusätzlich einen PCR-Test, um nachhause zu reisen. Dies, obwohl es in La Gomera gerade mal einen aktiven Coronafall gibt. Daher buche ich schweren Herzens meine Rückreise, um wenigstens den PCR-Test zu vermeiden, denn ich hätte gar nicht gewusst, wo diesen so kurzfristig organisieren. (Nachtrag: ein paar Wochen später ist die Infrastruktur dann an allen Flughäfen vorhanden, aber damals noch nicht.) Ansonsten geniesse ich an diesem Ruhetag das vegetarische Restaurant des Hotels und schreibe einen Blogbeitrag auf der Terrasse. So friedlich!








Am Samstag wandere ich fast nur bergab - heute erreiche ich endlich das Valle Gran Rey, der Touristen-Hotspot von La Gomera. Die meisten Urlauber auf La Gomera fahren direkt von der Fähre dorthin und machen Tagesausflüge von dort aus. Das "Valle", wie es hier nur heisst, wurde in den 60er Jahren von den Hippies entdeckt, mittlerweile herrschen aber nicht mehr die Blumenkinder, sondern der Kommerz. Vorerst geniesse ich aber noch die Einsamkeit und ein paar fantastische Ausblicke auf die einsamen Täler im Nordwesten der Insel. 










 

Erst auf den letzten Kilometern treffe ich plötzlich andere Wanderer, die mir vom Tal entgegen kommen und ordentlich schwitzen. Denn der Wanderweg ist schattenlos, der Abstieg geht steil durch die Felsen. Unten kann man schon den Strand erahnen.









Ich stelle rasch meinen schweren Rucksack in meinem Apartment in La Calera ab und laufe die letzten Kilometer nur mit den Badesachen an den Strand. Doch schon von Weitem ahne ich die erneute Enttäuschung: die Brandung geht sehr stark, und der Strand besteht wieder hauptsächlich aus riesigen Kieselsteinen. Es hat nur einen kleinen Sandstrand, auf dem sich alle tummeln - mir ist es zu voll, obwohl natürlich gar nicht viele Menschen da sind. Das macht Corona mit einem... 

Trotz der hohen Wellen reicht es für eine Abkühlung. Gegen Abend kommen immer mehr Leute. Traditionell wird hier an diesem Winzstrand mit Trommeln und Tanz die Sonne verabschiedet, ein Überbleibsel aus der Hippiezeit, welches alle Touristen anzieht. Ich gucke mir das lieber aus der Ferne bei einem kühlen Dosenbier auf meiner Dachterasse an. So lasse ich meine erste Woche auf La Gomera gemütlich ausklingen, bevor es auf die zweite Hälfte der Inselumrundung geht.














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