Direkt zum Hauptbereich

Wanderlust 2021, Woche 1: Aller Anfang ist schwer




Ein Jahr voller "Wanderlust" sollte es werden, mein 2021. Nach fast sieben Jahren der Sesshaftigkeit in der Schweiz und (wieder) an der HSG-Bibliothek, einem anstrengenden Studium und einem Job, der mich am Ende nicht mehr glücklich machte, wollte ich endlich wieder eine Auszeit geniessen und dem Fernweh nachgeben. Mein Timing war natürlich super: die Welt befindet sich mitten in einer Pandemie und Reisen ist irgendwie gerade schwierig, sowohl vom moralischen Standpunkt her, als auch die tatsächliche Machbarkeit einer Reise. Dennoch werde ich es versuchen, und hoffe, dass ich dabei neue Orte entdecken kann, ohne andere Menschen in Gefahr zu bringen. Sven wird mich im Januar begleiten, da er dann einen ganzen Monat Urlaub hat. Es ist eine gefühlte Ewigkeit her, seit wir zusammen mehr als 14 Tage verreist sind.

Ursprünglich war Israel geplant für diese Winterflucht. Schon im Herbst war klar, dass daraus wohl nichts wird wegen Corona. Wir setzten unsere Ziele näher und konzentrierten uns auf Kreta oder die Südtürkei. Planen liess sich aber nichts mehr, die Reisebedingungen sowie die gesundheitliche Lage in unseren Wunschdestinationen änderten so rasch. Kurz vor Weihnachten explodierten die Zahlen überall, auch in der Türkei und Griechenland war Lockdown. Keine gute Zeit für Auslandreisen.
Nun, wir alle sind ja Meister im Improvisieren geworden im Corona-Jahr 2020. Nachdem Sven und ich bereits auf der grünen Via Alpina-Route durch die Schweiz gewandert sind, dachten wir uns, so was können wir doch auch im Winter machen. Plan B war geboren - wir wollten nochmals zusammen durch die Schweiz wandern, auf dem Alpenpanorama-Weg, der ist nicht ganz so hoch gelegen und führt in etwa 35 Etappen von Rorschach nach Genf.


Route 3, der Alpenpanorama-Weg


Der Plan klang vor Weihnachten ganz gut, als die Temperaturen noch milde und die Tage sonnig waren. Die erste Etappe von Rorschach nach Niederteufen wanderte ich wenige Tage, nachdem ich mein Büro zum letzten Mal verlassen und meinen Job aufgegeben hatte. Es war ein wunderschöner Wandertag, und er endete an einem gemütlichen Grillfeuer im Wald mit Kollegen, sowie einem persönlicher Wanderrekord von 24 Kilometern. 

Blick auf Trogen und Speicher, kurz vor Rehetobel

Auf der zweiten Etappe nach Appenzell, kurz vor Heiligabend, war das Wetter schon nicht mehr so prächtig, aber immer noch mild und trocken. 


Aussicht vom Leimensteig auf den Alpstein

Dann kamen die Feiertage, die Restaurants gingen wegen Corona wieder zu. Als wäre dies das Stichwort gewesen, kam der Schnee, dann klirrende Kälte und Hochnebel. Wir gaben nicht so schnell auf, und mit Schneeschuhen, heissem Tee, einem Pack Fertignudeln und dem Campingkocher bewaffnet, machten wir uns an die dritte Etappe von Appenzell über den Kronberg auf die Schwägalp. Das wäre grundsätzlich eine schöne Tour, aber die Schneeschuh-Variante ist schon recht hart, vor allem, wenn man nirgends den eisigen Temperaturen entfliehen kann, der Schnee schwer ist und alle Farben irgendwie schwarzweiss sind. 

Aufstieg zum Kaubad

Trotz bedecktem Himmel war viel los, und vor der Scheidegg war Halligalli, da Wurst und Suppe verkauft wurde. Das war uns dann doch zu viel Trubel, wir kämpften uns noch etwas weiter, bis wir eine Feuerstelle fanden, die jemand noch schwelend hinterlassen hatte - welche Freude! So konnten wir uns wenigstens ein bisschen aufwärmen, während unsere Nudeln kochten. Unsere Daunenjacken und Rucksäcke stinken zwar immer noch nach Lagerfeuer, doch wenigstens war die Stimmung gerettet. Bis zum Kronberg hoch war es ein Kampf, danach ging es aber flott voran, und der Abstieg im Tiefschnee war ein Hochgenuss. 


Schwarz-Weiss-Bild mit buntem, stiebendem Sven

Allerdings war ich total fertig, als wir in der Schwägalp ankamen, und wir waren beide nass und durchgefroren.
Wieder zuhause, sanken die Temperaturen noch weiter, und mich verliess die Motivation. Ich hatte keine Lust, ohne Sonne durch den Tiefschnee oder über vereiste Wege zu wackeln, und mir den ganzen Tag den Arsch abzufrieren. 



Das Projekt "Schweiz im Winter durchwandern" wurde nach drei Etappen im wahrsten Sinn aufs Eis gelegt. Es folgten ein paar triste Tage auf der Couch, bevor wir uns nach dem Jahreswechsel für ein neues Ziel motivieren konnten. Eine kleine Insel mit sehr wenigen Corona-Fällen, angenehmen Januar-Temperaturen und erfüllbaren Einreisekriterien rückte auf meinen Radar: La Palma, die "Isla Bonita" oder auch "Isla Verde". Sie ist perfekt zum Wandern und Radfahren, und glücklicherweise ist auf den Kanaren trotz Pandemie noch recht viel offen. Daher machten wir Nägel mit Köpfen und buchten unseren PCR-Test, einen Flug und ein E-Bike für 2 Wochen (Sven nimmt natürlich sein eigenes Bike mit, seine treue Mononoke III). Die Koffer wurden gepackt, die PCR-Teststäbchen in die Nase gebohrt, die spanische COVID-App installiert. Wir waren voller Vorfreude, nur die Katze schmollte (keine Panik, unser Nachbar versorgt sie). Alles bestens also, und bald sassen wir in aller Herrgottsfrühe im Zug zum Flughafen. Der Check-In ging noch nie so leicht (sogar mit Fahrrad!), an der Security gab es keine Schlangen, man musste sich nicht durch den Duty-Free quälen, am Gate ging es gesittet zu beim Einsteigen, das Flugzeug war halb leer, und das Essen war lecker (mit echtem Besteck). Es fühlte sich an wie Fliegen vor 20 Jahren, total entspannt, nur halt mit Maske. Nach wenigen Stunden ging es in den Landeanflug auf "unsere" Insel, La Palma - mitten in einem Regenbogen. Wir waren verzaubert vom ersten Moment an.



Ich hoffe, mit diesem Teaser kann ich euch ein bisschen neugierig machen auf meine "Wanderlust" in diesem Jahr, die ich hoffentlich spannend zu berichten weiss. Bis bald aus La Palma!




Kommentare