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Hip hip hurra, Norge!

 


 

hejhej,

Also, Norwegen, das ist ein wirklich nettes Land! Hier gefällts mir prima, schon an meinem dritten Tag hier gerät das ganze Land in Freudentaumel ;-) Nein, Scherz beiseite, heute ist norwegischer Nationalfeiertag, und das nimmt man hier sehr ernst. Schon am Morgen früh (für meine Verhältnisse, also um 9 Uhr) fängt es an mit einem Umzug der Primarschulen aus der Region, die alle schön herausgeputzt und in der Nationaltracht die Hauptstrasse entlangmarschieren, dazu spielt natürlich die Musik und die Mädels schwingen ihre Tambourmajorstäbe, in hübschen Uniformen dazu. Und alle schreien die ganze Zeit "Hiphip hurra", die Musik fetzt mit Trommelwirbeln und Marschmusik, es ist fast wie zuhause ;-)
Am Nachmittag kommen dann die Oberstufenschüler und Studenten und machen ihren etwas "alternativen" Umzug, nicht mehr ganz so folkloristisch, sondern eher wie Fasnacht. Sie fahren mit Umzugswagen durch die Stadt, bunt bemalt mit aktuellen Sujets, wie z.B. gewisse Diktatoren/Terroristen, tot oder lebendig (hej, ich hab heute Tagi Online gelesen und bin wieder up to date!), und in nicht sehr traditioneller Kleidung (sprich: die Mädels sind halbnackt, meinlieberschwan, müssen die frieren...). Auf das Abendprogramm bin ich ja gespannt... zum Glück schlafe ich auf dem Camping, der etwas abseits liegt und daher schön ruhig ist, auch wenn in der Stadt die Post abgeht.
Auf jeden Fall ist alles geschlossen ausser die Beizen, und ganz Norwegen, so scheint es, hat sich in Schale geworfen, wer keine Tracht oder Uniform hat, kommt schon wenigstens im Anzug. Ich fühl mich mit meiner Windjacke und Radlerhose total underdressed... Immerhin habe ich einen "Norge"-Kleber für Freddy gekauft, so dass wir wenigstens nicht total unpatriotisch daherkommen, denn Fahnenschwingen ist natürlich ebenfalls Pflicht heute.

Meine letzten zwei Tage in Dänemark waren noch recht abwechslungsreich. Zunächst einmal erfolgte die geniale Etappe von Blokhus nach Løkken, wo die (offizielle!) Strasse direkt über den Strand führt. Dies hatte mir ziemlich viel Sorgen bereitet, denn Freddy und ich møgen denn Sand nicht so sehr, da spulen wir normalerweise nur. Hier aber war der Sand schön plattgefahren von den Autos, und es fuhr sich ganz prima, v.a. wieder mal mit tollem Rückenwind. Der wirbelte auch ziemlich viel Sand auf, so dass ich noch gratis ein Peeling dazu erhielt ;-) Diese 15 km waren mit Abstand der Höhepunkt von Dänemark, das (nun, mit norwegischer Perspektive) einfach ein bisschen zuuu flach und sandig war für meinen Geschmack.
Am letzten Tag machte ich noch einen Abstecher zu einem "versinkenden" Leuchtturm, der von einer mächtigen Wanderdüne eingedeckt wird, und in ein paar Jahren verschwunden sein wird. Ein schöner, poetischer Ort, irgendwie traurig und doch beeindruckend, diese Gewalt des Windes und des Meeres - irgendwie ein bisschen Sinnbild für Dänemark, welches diesen Kampf gegen die Sanddünen entlang der ganzen Westküste führt.
Bei strömendem Regen fuhr ich dann im Fährhafen in Hirtshals ein, wo ich mir eine leckere Fischplatte zum Abendessen und als Abschiedsgeschenk von Dänemark gønnte. Am Sonntag nahmen Freddy und ich dann die Fähre nach Kristiansand in Norwegen. Zur Überfahrt nur soviel: ich werde keine Matrosin in diesem Leben, und vermutlich auch nicht im nächsten... "Ladys and gentlemen, this is your captain speaking, due to bad weather we are encountering some slight turbulences..." Ha! Die mögen es "leichte Turbulenzen" nennen, ich finde, es war ziemlich hoher Wellengang, auch in meinem Magen. Leider - schlechte Planung meinerseits - waren die Seekrankheitstabletten zu tief unten im Gepäck, um zu ihnen vorzudringen, so dass ich mich darauf konzentrierte, den Horizont anzustarren (man soll sich ja eine unbewegliche Linie suchen und diese fixieren), und zu hoffen, dass er nicht in den Regenwolken verschwinden würde. Ich war ziemlich froh, als wir wieder festen Boden betraten, und hoffte, dass auch der Boden in Kristiansand möglichst bald aufhören würde, zu schwanken. In Kristiansand genoss ich den ersten norwegischen Fischburger, doch wo die Jugi auf dem Stadtplan sein sollte, war nur eine riesige Baugrube, und der Camping war - wie es schien - schon seit Jahren geschlossen. Dies und die Tatsache, dass die Sonne schien, bewogen mich dazu, vom norwegischen "Jedermansrecht" Gebrauch zu machen, das besagt, dass frau irgendwo kampieren darf, solange es nicht ausdrücklich verboten oder Privatbesitz ist. Dazu fuhr ich ca. 10 km aus der Stadt, an einen wunderschönen See namens Kvislevann und schlug dort mein Zelt auf. Definitiv der schönste Übernachtungsplatz bisher! Ich schlief allerdings ein bisschen nervös, weil immer wieder (auch um 11 Uhr nachts!) noch Spaziergänger und Mountainbiker vorbeifuhren, es ist ja noch sehr lange hell hier oben. Am Morgen, als ich grad meinen Kaffee kochte, kamen dann auch zahlreiche Hündeler vorbei und alle kamen, wie ganz selbstverständlich, zu mir rüber und fragten mich aus: Wo kommst du her, wo willst du hin, etc. Sie geben mir Tipps für die Route, sagen mir, wo ich einkaufen kann, und wo es hübsch ist, um Pause zu machen. Einfach wunderbar, diese Leute! Und es geht den ganzen Tag so weiter, egal wo ich anhalte, die Norweger sind einfach ein neugieriges Volk. Zum Glück können hier alle so gut englisch (oder deutsch), denn so kann ich mich prima mit den Leuten unterhalten. Norwegen ist mir auf Anhieb sehr sympathisch! Alle sind ausnahmslos nett zu mir, helfen mir, sind kontaktfreudig... ganz anders als bisher (gut, in Deutschland waren die Leute auch sehr freundlich, aber nicht sooo neugierig!). Sogar auf dem Zeltplatz am Abend, als ich grad ins Zelt kriechen will, werd ich noch ausgequetscht, obwohl ich im Piji bin und es tierisch kalt ist... aber ich mag es lieber so, als wenn die Leute nur gleichgültig an mir vorbeifahren, wenn ich einen Platten habe ;-) (hier hat es bisher noch keinen gegeben, hiphip hurra!)


Landschaftlich ist Norwegen der Hammer, hier gibt es lauschige Wälder, blaue Seen, viele tolle Ausblicke aufs Meer, eine wunderbare Felsenküste, mit tausenden vorgelagerten Schæreninseln, und überall wie rote Farbtupfer diese skandinavischen Holzhäuser, alle in diesem hübschen rostrot (oder weiss) gestrichen, ganz wie aus dem Ferienprospekt. Leider sind die schønsten Klippen immer bereits "besetzt" mit Ferienhäuschen oder Bootshäuschen, so dass ich etwas suchen muss, um ein schönes Plätzchen für mein Picknick zu finden, aber fündig werd ich immer! Leider kommen diese wunderbaren Ausblicke zu einem ziemlich heftigen Preis (und ich meine damit nicht das allgemein bekannte hohe Preisniveau in Norwegen), nämlich einer ziemlich hügeligen Küstenstrasse. "Ziemlich" ist fuer einen Autofahrer passend, für eine Radfahrerin mit zuviel Gepäck und zuwenig Muckis wie mich ist es eine Achterbahn, rauf-runter-rauf-runter-rauf-runter... Wenn ich schwitzend oben ankomme und mich auf die Abfahrt freue, ist es immer mit einem Wermutstropfen, denn ich sehe schon die nächste Steigung kommen. Manchmal, wenn ich Glück habe, kann ich es sausen lassen und komme bis halbwegs in die nächste Steigung, aber meist muss ich unverhofft irgendwo bremsen (und fluchen). Darum war nun heute so oder so (Feiertag hin oder her) ein Pausentag nötig, um meinen Muskelkater zu kurieren. Das Höhenprofil für die nächsten paar Tage lässt leider die letzten zwei wie ein Witz aussehen, und der Wind weht nun leider auch aus der falschen Richtung... somit versuche ich, dies mit ein paar festlichen Bierchen zu verdrängen. Vermutlich ist es kosmische Gerechtigkeit, dass jetzt, wo die Landschaft und die Menschen mich vom Hocker hauen, mich das Wetter im wahrsten Sinn des Wortes auch vom Sattel fegt ;-) Ausserdem kann ich mich ja nicht beschweren, ich hatte 2 Wochen fast konstanten Rückenwind durch ganz Dänemark, und ich konnte sehen, dass die Bäume meist in die andere Richtung wuchsen (siehe Fotos, welche sogleich folgen), also war das wohl viel Glück.
So, nun werde ich noch etwas mit den sympathischen Norwegern ihre "Freiheit und Unabhängigkeit", wie es mir erklärt wurde, feiern und wünsche euch schönen Abend. 


Ganz herzliche Grüsse aus Norge, feiert ein bisschen mit, ihr freien Schweizer/innen ;-)

 


Fotoalbum Wien - Mandal

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