Direkt zum Hauptbereich

Pffffttt... Plattenserie

 


 

Hallo miteinander,

die letzten paar Tage bin ich fleissig gen Norden geradelt, begleitet von einem wunderbaren Rückenwind (s.a. letzter Eintrag) und bis gestern prächtiges Wetter. Sozusagen als Ausgleich dazu wurden die Radwege immer abenteuerlicher: erst Kies- und Waldwege, dann fiese Schotterpisten, dann nur noch Sandfurchen... der arme Freddy (mein Fahrrad, für die, welche´s noch nicht mitbekommen haben) musste ziemlich kämpfen in den letzten Tagen. Er hat auch mehrfach versucht, mich abzuwerfen, besonders dann, wenn mal wieder extrem tiefer Sand in der Kurve lag, doch es ist ihm zum Glück nur gelungen, mich aus dem Gleichgewicht zu bringen, und schlingernd vor mich hinzufluchen. Er ist halt schon nicht der Grösste, und hat mit den harten Bedingungen recht zu kämpfen. Ich motiviere ihn (und mich!) immer damit, dass das ein gutes Training für die Anden ist, und es auf der Carretera Austral noch viiiiel grössere Kieselsteine geben wird. Ausserdem bekommt er jeden Morgen eine frische Blume an den Lenker gesteckt, aber irgendwie hat diese Besänftigungstaktik nicht gewirkt :-)
Vorgestern Abend hat er sich dann gerächt: Ich war gerade im Endspurt der Tagesetappe, es war kurz vor 18 Uhr (dann machen die Supermärkte in den kleinen Dörfern zu, und hier gibts nur klitzekleine Dörfer, wo man schon dankbar sein muss, wenn es überhaupt einen Supermarkt gibt) und ich war noch 10km vom nächsten Dorf/Camping entfernt, da war die Luft bei Freddy definitiv draussen und er ging auf den Felgen. Nach dem Motto: "OK, dann machen wir halt mal Pause und geniessen die Landschaft, anstatt uns aufzuregen" packte ich also mein Flickset aus (das war natürlich, da noch nie gebraucht, gaaaaanz tief unten in den Packtaschen) und liess mir auch viel Zeit dabei, das Werkzeug zu sortieren. Freddy wurde gut sichtbar am Strassenrand auf den Kopf gestellt, Hinterrad abmontiert und ich hoffte, dass nun ein strahlender Prinz in glänzender Rüstung vorbeigeritten kommt, der mir nicht nur mein Fahrrad flickt, sondern mich mangels Einkaufsmöglichkeiten auch gleich noch mit auf sein Schloss zum Nachtessen etc. mitnimmt. Leider zerplatzte diese Seifenblase mit einem leisen "Plopp", denn es kam niemand vorbei, mit oder ohne Rüstung, also musste frau selber Hand anlegen, was sie dann dank perfekter Ausbildung in zahlreichen Fahrradkursen auch meisterhaft (naja...) geschafft hat. Im Dorf angekommen, gab es sogar noch einen Megamarkt, der bis 20h offen hatte, womit sämtliche Prinzen unnötig wurden ;-)
Gestern morgen musste ich dann erneut in den Untiefen meiner Packtaschen wühlen, um die schon fast mit dem Boden der Packtasche verschmolzenen Regensachen hervorzukramen, denn der Himmel hatte alle Schleusen geöffnet. Nach einer nassen, langen Fahrt (ich wollte unbedingt in die nächste Jugi bei dem schlechten Wetter) lieferte Freddy sein bisher fiesestes Manöver: wieder mal kurz vor 18h, bei strömendem Regen, mitten im Wald am A... der Welt (noch 20km zur Jugi!) machte er erneut Pfffffffft (ich könnte schwören, mit einem hämischen Grinsen). Nicht witzig, Freddy!! Diesmal brauchte ich ein bisschen länger, und - selber schon bis auf die Knochen nass - durchnässte auch noch meine ganze Notfalltasche (dort befindet sich Flickzeug und Apotheke) in der Suche nach dem zweiten Ersatzschlauch (ich war am Tag zuvor zu faul gewesen, um den Schlauch zu flicken, sondern hatte einfach einen neuen genommen). Aber auch unter widrigen Umständen (erneut keine Prinzen im Anmarsch) schaffte ich diesmal die Reparatur (inkl. Loch finden und zukleben), und als ich strahlend das Rad wieder einhängte, kam prompt ein Regenbogen (und damit die Sonne) zum Vorschein. Meine Scheibenbremsklötze muss dies dermassen verdattert haben, dass sie gleich rausfielen, und ich nun definitiv keine Nerven mehr hatte, diese wieder reinzumanövrieren. Also fuhr ich mit nur einer Bremse in die Jugi, total durchnässt und erledigt, aber Hauptsache trocken schlafen (und obwohl der lokale Golfklub eine sehr laute Feier in der Jugi veranstaltete, schlief ich wie eine Tote).
Heute war also Ruhetag angesetzt: Freddy versöhnen und professionell flicken lassen, Waesche waschen, mal wieder was von mir hoeren lassen und einfach rumhaengen.
Hier in Fjerritslev geht zwar nicht die Post ab, aber es hat immerhin zwei Supermärkte, einen Fahrradladen, viele Autowerkstätten und sogar ein Kino (leider nur danske filme). Nur die Bar hab ich noch nicht gefunden... ;-)
Nun stehen noch ca. 2 Tagesetappen Dänemark an, bevor ich nach Norwegen schippere, auf das ich mich sehr freue, obwohl das Wetter wohl dort nicht besser wird. Dänemark ist auf die Dauer etwas langweilig - immer nur Dünen, flunderflach, viel Sand, immerhin ein bisschen Wald ab und zu. Die Farbe beige herrscht vor (auch hier hat es kaum geregnet in den letzten Monaten). Das Meer ist meistens hinter den Dünen versteckt, und ich sehe es oft nur abends, wenn ich noch die Energie habe, über letztere zu klettern, um mir den Sonnenuntergang anzuschauen. Die Dänen sind ein freundliches Volk, aber nicht sehr gesprächig, und andere Radfahrer/innen habe ich bisher kaum getroffen. Anfangs hatte es noch enorm viele deutsche Senioren, die eher gesprächig waren und neugierig nachfragten, wo ich denn mit dem kleinen Fahrrad hin will. Aber je weiter weg von der Grenze, je weniger Teutonen.
Daher freue ich mich auf ein bisschen - wenigstens geographische - Abwechslung, auch wenn dies natürlich heisst, dass es in die kleinen Gänge geht (sprich: Berge). Andrerseits frage ich mich natürlich, ob in Norwegen die Zeltplätze so komfortabel sind wie hier... mittlerweile bin ich ja der Hightech-Profi (einheitlich ist nämlich nur, dass überall eine Campingcard verlangt wird). Ob Chip-, Magnet-, RFID-Karte oder gute alte Jetons zum Bedienen der Dusche, der Waschmaschine, etc., I´ve seen it all.
So, nun wird der liebe Freddy noch geputzt, damit er morgen auch gut gelaunt ist - es steht noch die Königsetappe bevor: morgen führt der Nordseeküstenradweg direkt über den Strand, also vieeel vieeel Sand... Mal schauen, ob wir das packen, oder ob wir die Autobahn nehmen ;-)

Herzliche Grüsse,
Kathrin

 

 

Kommentare

  1. Vielleicht hätte dir eine weibliche Weggefährtin weniger Ärger eingebrockt... wer weiss?? Die sind doch meistens "plus sociable"... :-)

    AntwortenLöschen
  2. Naja, ich weiss nicht, ob eine weibliche Begleiterin es so toll fænde, sich tæglich durch den Schlamm zu wuehlen, und jede nacht draussen im Regen zu stehen ;-)
    Hier in Norwegen macht sich Freddy ganz gut, offenbar gefaellts ihm hier genausogut wie mir!

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen