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Eisiger Cotopaxi

 


 

Hallo miteinander,

es ist Sonntagnachmittag in Quito, ich sitze im gemütlich warmen Internetcafé bei Kaffee und Snacks, ein echter Luxus nach den letzten entbehrungsreichen 3 Tagen. Sicher wollt ihr jetzt alle wissen, ob ich denn auch oben war auf dem Cotopaxi, aber ich wills doch noch ein bisschen spannend machen;-)
Unsere kleine Tourgruppe - Guide Marco, Martin aus Düsseldorf und ich - fuhren am Freitagmorgen in Quito los in den Cotopaxi-Nationalpark, und das Wetter hätte nicht trostloser sein können: die Wolken hingen tief und grau über Quito. Als Tagesziel und als Akklimatisierungswanderung für Freitag stand der Rumiñahui, 4700m, ebenfalls im Nationalpark, gegenüber des Cotopaxi, auf den Programm. Beim Aufstieg wurden wir gründlich verregnet und verschneit, doch zwischendrin rissen die Wolken auf, und genau, als wir auf dem Gipfel standen, präsentierte sich eine tolle Aussicht, auch ein erster Blick auf den 5897m hohen Cotopaxi, unser Ziel für Sonntagmorgen. Das liess uns die nassen Klamotten und den rutschigen Aufstieg durch ein sandiges Couloir (Kluane-Mittrekkerinnen und -Trekker wissen, wovon ich spreche) bald vergessen. Auch am Samstagmorgen wurden wir von einer Wahnsinns-Fernsicht und blauem Himmel verwöhnt, zum ersten Mal konnten wir die "Avenue of the volcanoes" sehen: Illinizas Nord- und Südgipfel, Chimborazo und natürlich Cotopaxi, diesmal ohne ein Wölkchen (die kleinen Rauchsäulen, die vom Krater aufsteigen, da er zu Ecuadors aktiven Vulkanen gehört, zählen ja nicht;-).
Leider war das Schauspiel von kurzer Dauer, als wir später unseren Jeep auf dem 4500m hohen Parkplatz deponierten, um ins Refugio (Berghütte) hoch zulaufen, war schon wieder alles vernebelt, und es schneite auch wieder. Marco, unser Guide, meinte, das Wetter am Cotopaxi sei schlimmer als die Frauen, man wisse nie, woran man sei, was ich natürlich nicht sehr lustig fand.
Das Refugio, welches von aussen eigentlich ganz nett aussieht, war eine Ernüchterung: Eiskalt (wir konnten immer unsere Atemwolken sehen), nur Schmelzwasser zum Hände, etc. waschen (die Eisbrocken schwammen noch darin), keine Spülung im WC (was dringend nötig gewesen wäre), und der Holzboden im Schlafraum war frisch mit Terpentin o.a. behandelt worden - es roch im ganzen Haus wie in einer Tankstelle. Dazu kamen die "Häufchen" vor der Hütte von all denjenigen, die die Höhe nicht vertrugen... Der Gipfel waren jedoch eine Gruppe von ecuadorianischen Gipfelbezwingern, die offensichtlich keinen Schlaf brauchten und die ganze, ohnehin kurze Nacht, einen Riesenlärm veranstalteten, so dass niemand wirklich schlafen konnte (und viele von uns Kopfschmerzen hatten vom Benzingeruch). Alles in allem keine idealen Bedingungen, als es um 24.00 Uhr hiess: aufstehen, Müesli hinunterwürgen, und dann ab in die zentnerschwere Ausrüstung (Tourenhosen aus den 80ern, Klettergurt, Steigeisen, Eispickel, Gamaschen, etc.) für einen Start um 1.00 Uhr morgens. Ich glaube, mein Bruder macht das alles fürs Leben gern, was ich noch nie wirklich verstehen konnte und nun definitiv unter der Sparte "Masochismus" einordnen kann, was mich betrifft. Unser Guide wurde langsam nervös, weil die ersten Gruppen schon auf dem Gletscher waren und riss mir regelrecht die Kaffeetasse aus den Händen, um meinen Klettergurt einzustellen. Da ich ohne Kaffee am Morgen (geschweige denn mitten in der Nacht, ohne vorher geschlafen zu haben) ziemlich grantig werde, marschierte ich dann auch mit einer rechten Wut im Bauch los, erst mal auf mich selber, weil ich mir das antat, dann auf die Partybrüder, und schliesslich auf die Guides, von denen keiner weder als Erstes noch als Letztes losziehen wollte. Irgendwie verhalf mir der Ärger jedoch zu einem guten Start, meine Müdigkeit verflog in der klaren, eisig kalten Sternennacht (mit einer Wahnsinnsaussicht auf die Millionenstadt Quito von weit, weit oben), und mit der Wut erklomm ich die -natürlich- von Männern eingeschlagenen, riesigen Stufen im Eis trotz der Höhe und Kälte relativ leicht. Der "Spass" war jedoch bald zu Ende: nach etwas mehr als 1 Std. kamen uns die ersten schon wieder entgegen: kein Durchkommen wegen Lawinenabgang! Marco wollte sich selbst davon überzeugen und stapfte weiter. Bald wurde aus dem schönen Trippelweg ein mühsames Sich-durch-den-Schnee-kämpfen. Wir standen mitten in einer Lawine, die vor 2 Tagen abgegangen war, und bereits wieder von Neuschnee bedeckt war. Mal abgesehen von der Instabilität des ganzen Hanges (und zig Bergsteigern, die darin herumkletterten und sich einen Weg suchten) war das Gehen darin unglaublich anstrengend: mit jedem Schritt sank ich bis zur Hüfte in den schweren, kompakten Schnee ein. Ich legte so ca. 10m zurück, danach hätte ich heulen können vor Erschöpfung. Angesichts dieses Hindernisses so frueh auf der Tour, beschlossen fast alle Fuehrer, inkl. Marco, das Risiko der Durchquerung des Lawinenhangs nicht einzugehen, und umzukehren. Wir befanden uns auf 5090m, knapp 300m über der Hütte, leider nur sehr wenig! Wir legten also eine Pause ein, schossen ein paar Erinnerungsfotos im Dunkeln, bevor wir uns auf den Abstieg machten, zusammen mit dem grössten Teil der ca. 25 Bergsteiger/innen an diesem Tag. Nur eine Gruppe überredete ihren Guide, weiter zugehen, sie schafften es bis 5400m (und riskierten ihre Leben, inkl. das ihres Guides). Auf dem Gipfel des Cotopaxi war bereits seit einigen Tagen niemand mehr wegen der schlechten Schneeverhältnisse.
Ich war (bin) natürlich enttäuscht, dass es nicht geklappt hat, muss aber eingestehen, dass ich es auch in guten Wetterverhältnissen wohl nicht auf den Gipfel geschafft hätte, dazu fehlte mir einfach die Energie. Und so eine Bergbesteigung ist halt nicht etwas, das man erzwingen kann, v.a. wenn die äusseren Umstände überhaupt nicht mitspielen. So muss ich halt wieder einmal zurückkommen, und es erneut versuchen... Marco hat mir bereits versprochen, dass er mich wieder führen würde, und ich war sehr zufrieden mit ihm (vom morgendlichen Kaffeestress mal abgesehen), er legte ein äusserst langsames, aber regelmässiges Tempo vor, das mir sehr entsprach. Da er selbst für die Besteigung des Cotopaxi nur 2h 15min braucht (Vergleich: eine durchschnittliche Besteigung dauert 6-8h) finde ich das äusserst cool, wenn sich jemand so gut auf die Fitness seiner Kunden anpassen kann, habe in den 4 Monaten wenige Fuehrer gesehen, die das gut konnten.
So, und hier noch eine Auswahl (fiel mir schwer, hab geknipst wie eine Wilde) der schönsten Cotopaxi-Föteli:

Fotoalbum Cotopaxi


Morgen fahre ich für 8 Tage auf eine Galapagos-Kreuzfahrt, bevor ich nochmals für ein paar Tage nach Quito zurückkomme (und euch dann sicher von den Galapagos berichte), bevor es "heizue" geht am 13. März. Da es auf dem Schiff wohl kaum Internet hat, melde ich mich dann aus Quito wieder.

Machets guet und danke allen fürs Daumen drücken, auch wenn es mir nicht auf den Cotopaxi geholfen hat, so bin ich doch unversehrt wieder zurück, das ist auch viel wert!
Liebe Grüsse,
Kathrin

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