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Im Land des Wolkenvolkes




Hallo miteinander,

nach einer weiteren haarsträubenden, aber wunderschönen Busfahrt bin ich gestern Abend spät in Chachapoyas angekommen. Ich wünschte, die Fotos würden etwas besser rüberbringen, wie phantastisch die Ausblicke waren, aber aus einem wackligen Bus mit verschmierten Scheiben kann man nur bedingt gute Fotos schiessen, und keine Kamera der Welt kann diesen atemberaubenden Rundblick beschreiben, wenn der Bus gerade zwei Andenkordilleren überquert hat, bis auf 950m hinabgekurvt ist, wo es extrem heiss war - tropisch eben - und sich dann auf der andern Seite des tiefen, steilen Tals bis auf 3650m hinaufgeschraubt hat, und in diesem Moment sich die Wolken wieder lichten, und man in die unglaubliche Tiefe blickt, und über die bis zu den Gipfeln grün bewachsenen Andengipfeln, die den Himmel zu berühren scheinen, obwohl sie längst nicht zu den höchsten Perus gehören. Aber da sich hier die Strasse in so kurzer Distanz über unendliche Zigzags so sehr in die Höhe schraubt, und die Wolken sich magisch um die Gipfel hüllen, um Minuten später wieder den Blick freizugeben, hat man wirklich das Gefühl, man sei im Bus zum Himmel. Das erhabene Gefühl wird etwas relativiert durch die laute Musik, die aus dem Lautsprecher scheppert, die andern Passagiere, die stark riechenden, getrockneten Fisch essen, und die wie immer heulenden und erbrechenden Kinder. So langsam gewöhne ich mich allerdings an das peruanische Busfahren - grad jetzt, wo mir wohl höchstens noch 2-3 Busfahrten in Peru bevorstehen, sofern meine Pläne sich nicht wieder ändern. Bevor ich mich aber definitiv ins Amazonasgebiet absetze, wo es mit den Strassen ein Ende hat, geniesse ich hier noch die grandiose Gegend um Chachapoyas, die Region des Wolkenvolkes, wie die Chachapoyas-Kultur auch genannt wird. Das Wolkenvolk lebte hier vor den Inkas und baute eine der grössten und am besten verteidigten Festungen Perus, Kuelap. Sie kennzeichneten sich jedoch nicht nur durch genialen Städtebau auf 3000m auf den Gipfeln der Berge, sondern auch durch ihren Totenkult und ihre berühmten Mumien, die sie aufrecht in bunt bemalten Sarkophagen an nahezu unzugänglichen Stellen im Fels "hinklebten". Morgen gehe ich auf ein 4-tägiges Trekking zu diesen Sarkophagen, von denen einige sogar vor Grabräubern geschützt blieben (leider eine Seltenheit hier in Peru), sowie zur "verlorenen Stadt" Gran Vilaya, ebenfalls von der Chachapoyas-Kultur erbaut, in den Bergregenwäldern hier in der Nähe und natürlich zu ihrem Meisterstück, Kuelap, am letzten Tag. Kuelap ist so etwas wie das Machu Picchu des Nordens Perus, es gibt ein Seilbahnprojekt, das in den nächsten Jahren Touristen in den Norden Perus locken soll, und womit Kuelap ähnlich wie Machu Picchu teuer vermarktet würde. Zwar verdient die Gegend die Aufmerksamkeit, aber ich bin trotzdem froh, noch vor dem Rummel hier zu sein, und die nahezu touristenfreie Gegend zu geniessen (sowie den "Luxus", zu Fuss dorthin wandern zu können, anstatt mit einem teuren Seilbähnli hinzufahren).
Warum die Chachapoyas "Wolkenvolk" genannt wurden, weiss man nicht mehr so genau, einerseits vielleicht, weil sie ihre Städte quasi in den Wolken, also auf den höchsten Gipfeln bauten, oder aber auch, weil man ihnen nachsagt, dass sie hellhäutig, blond und blauäugig waren. Das mag vielleicht eher eine Legende sein, vermischt mit der Tatsache, dass hier nach der Eroberung durch Spanien viele Basken ansiedelten, traditionell eher hellhäutigere Typen als der Durchschnittsspanier. Auf jeden Fall ist es hier keine Seltenheit, eine(n) blauäugige(n) Peruaner(in) zu sehen, ein auffälliges Bild. Auch habe ich schon einige Leute mit hellbraunem, fast dunkelblondem Haar gesehen, von dem ich ziemlich sicher war, dass es nicht gefärbt war.
Auf jeden Fall bin ich froh, nach den vielen Busfahrten und Tours per Auto, wieder mal durch eigene Bewegungskraft, sprich zu Fuss, die Gegend zu erkunden. So langsam hatte ich das Gefühl, einzurosten. Und es geht nichts über ein kleines Abenteuer zu Fuss und sogar zu Pferd- am 3. Tag geht's hoch zu Ross über die Berge. Mal schauen, ob die Gäule wirklich so brav sind, wie mir versprochen wurde, schliesslich sass ich noch nie auf so einem Tier.
Heute habe ich mich von den anstrengenden Busfahrten erholt, Chachapoyas zu Fuss erkundet (eine Sache von einer halben Stunde) und ein kleines, aber feines Museum entdeckt, welches ein paar coole Mumien ausgestellt hatte, die hier in der Gegend gefunden wurden. Da ich die Fotos heimlich klickte und den Blitz abstellte, sind sie etwas dunkel geraten, ich hoffe, ihr könnt trotzdem was erkennen (und kriegt keine Alpträume davon;-).

Fotoalbum Celendin - Chachapoyas


Jetzt habe ich mich grad vor dem allnachmittäglichen Tropenregen ins Internetcafé geflüchtet, und während ich euch diese Zeilen tippe, prasselt der Regen munter aufs Wellblechdach, und von der Strasse dringt dieser herrliche Duft nach Sommer herein, wenn dicke Regentropfen auf den heissen, staubigen Asphalt fallen - mit etwas Phantasie könnt ihr ihn riechen! Wie ich höre, ist es bei euch immer noch saukalt, somit schicke ich euch hiermit ein fein duftendes und lustig prasselndes Sommergewitter, auf das ihr leider noch ein paar Monate warten müsst. (Fieses Grinsen;-)
Alles Liebe, melde mich nächsten Mittwoch oder so wieder (nach meinem Trekking),
Kathrin

Kommentare

  1. Liebe Kathrin,
    erstmal alles Liebe und Gute für das Neue Jahr!!!
    Da haben sich in den letzten paar Wochen (war u.a. bei meinen Eltern in Südtirol und die haben auch kein Internet! Siehst, muss frau gar nicht in den südamerikanischen Dschungel um weg von der Zivilisation zu sein...) wahnsinnig tolle Berichte angesammelt. War ein Vergnügen, auf diese Weise ein bisschen an Deinen Abenteuern teilnehmen zu können!!! Bin auf weitere sehr gespannt! Liebe Grüsse aus St. Gallen, Edi

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  2. hallo edi,

    dir auch das allerbeste fuers neue jahr. jaja, die zivilisation... ein fluch und segen manchmal. doch da ich nach 4 tage hartem trekking gerade aus der warmen dusche steige und dir diese zeilen tippe, wuerde ich schon sagen, dass die zivilisation nicht immer nur schlecht ist;-)
    machs gut, liebe gruesse, kathrin

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