Turangi, 5.1.25
Roadtrip Tag 8
Heute ist ein kalter Mistwettertag und wir überlegen uns, einen Kulturtag irgendwo drinnen einzulegen. Doch die Museen, Zoos und Kulturzentren in Rotorua sind entweder geschlossen oder ziemlich teuer und vermutlich übervoll mit Familien heute - es ist Sonntag, es regnet und bald ist Ferienende. Wir fahren daher nach Waiotapu, einer weiteren Thermalgegend mit dampfenden Fumarolen und bunten Ablagerungen. Immerhin Hitze von unten und etwas stinkiger Dampf. Es gibt hier auch ein paar Naturwunder, die man noch kostenlos bewundern kann, und wir entdecken sogar eine kleine Wanderung durch den mit stinkenden Schlammlöchern und Fumarolen durchsetzten Wald. Also Regensachen anziehen und loslaufen. Bald sind wir alleine unterwegs. Es ist einfach sehr cool, wie es hier mitten im Wald solche geothermalen Aktivitäten gibt. Überall raucht es zwischen den Bäumen und Farnen, und beim näherkommen hören wir es fauchen und blubbern. Wir geniessen unseren Spaziergang, auch wenn wir irgendwann tropfnass sind. Beim Besucherzentrum, wo es Eintritt kostet, stehen die Leute Schlange für Kaffee, nur um aus dem Regen zu kommen. Halligalli pur. Wir finden, wir brauchen nicht noch mehr Fumarolen und Schreikinder, und fahren weiter. Unser Auto ist im sumpfigen Parkplatz schon fast eingesunken und braucht Anschiebhilfe, aber zum Glück kommen wir schnell wieder raus. Etwas weiter die Strasse runter besuchen wir eine Glasbläserei mit schönen Dingen im teurem Shop und super Café (Pro Tipp: keine vernünftigen Eltern schleppen ihren hyperaktiven Nachwuchs hierher - es ist herrlich ruhig 😉). Danach kommt schon fast wieder die Sonne raus, also machen wir noch einen Spaziergang zu den Huka Falls. Mit enormer Wucht fliesst das Wasser hier aus dem riesigen Lake Taupo, es ist der Beginn des mächtigen Waikato River. Abgehärtete Touristen, die gerne nass werden, lassen sich im Speedboot unter der Gischt durchfahren. Wir schauen lieber von der Aussichtsplattform zu 😉. In Taupo herrscht nun eitel Sonnenschein, aber wir machen trotzdem noch etwas Kulturprogramm und besuchen das kleine, aber feine Museum, wo wir etwas über die hiesigen Maori erfahren. Nachmittags fahren wir dann um den riesigen Lake Taupo, staunen über den ersten Blick auf die Vulkane und beziehen ein altmodisches aber hübsches Motelzimmer in Turangi. Es wird Zeit für eine richtige Dusche, Haare und Kleider waschen und ganz allgemein mal ein bisschen Komfort.
National Park, 6.1.25
Roadtrip Tag 9
Das Wetter ist heute etwas besser, aber immer noch nicht sehr warm. Ein eisiger "Southerly" bringt Windchill-Temperaturen, die gefühlt direkt aus der Antarktis kommen. Für Neuseelands berühmteste Tageswanderung, das Tongariro Alpine Crossing, braucht es gutes Wetter, wir hoffen auf Dienstag und buchen den Shuttlebus. Heute fahren wir daher nicht weit, nur bis zum riesigen Campervan-Parkplatz in National Park. Von Norden her kommend, geniesse ich den ersten Blick auf den Tongariro (diesmal ist es wirklich der Tongariro-Vulkan! Es ist der, welcher wie geköpft aussieht). Wir machen mehrere Fotostopps. Eine Eiswolke hängt über dem Ruapehu und der ganzen Ebene, man sieht regelrecht den Regen fallen von Weitem. Aber der Ngaruhoe (Mount Doom) hat nur eine weisse Mütze auf und dazwischen scheint die Sonne, auch wenn der arktische Wind eisig bläst. Daher fahren wir noch nach Whakapapa und wandern eine kleine Runde zu den Taranaki Falls. Für mich ist es das zweite Mal hier, aber trotzdem wieder wunderschön. Ausserdem war ich letztes Mal am Ende einer viertägigen Wanderung, durchgefroren und müde, heute in die umgekehrte Richtung wirkt alles so anders und neu. Wobei die Temperaturen ähnlich sind - wirklich warm wird es hier wohl nie. Im Wald ist es einigermassen gemütlich, aber auf der kargen Hochebene bläst der eisige Southerly. Dafür blühen mittlerweile noch mehr Blüten und Büsche, was uns wohl überzeugen soll, dass tatsächlich Sommer ist. Trotz winterlichen Temperaturen liebe ich diese Vulkanlandschaft. Abends stellen wir uns auf den gigantischen Park & Ride in National Park und geniessen feine Burger in der Schnapps Bar. Dann geht's zeitig ins Büssli, denn wir müssen morgen um fünf aufstehen für unseren Shuttlebus zum Tongariro Alpine Crossing.
Ohinepane Campsite, Whanganui River, 7.1.25
Roadtrip Tag 10
Um fünf klingelt der Wecker, wir geniessen einen verschlafenen Kaffee und stellen uns zu den anderen Wagemutigen an der Bushaltestelle. Heute bläst der Wind immer noch sehr stark, aber glücklicherweise nicht mehr so eisig. Pünktlich kommen die Shuttles, doch unser Anbieter ist nicht dabei. Wir fragen beim grössten Bus nach, der verschiedene Kunden einsammelt, doch dort heisst es, wir stehen nicht auf der Liste, unser Bus käme schon noch. Um sechs werden wir ungeduldig und rufen an. Tatsächlich hätte uns der grosse Bus mitnehmen müssen, die neue Fahrerin hätte wohl ihre lange Namensliste noch umblättern sollen. Ein anderer Bus fährt jetzt zurück und holt uns noch ab. Alle Gäste in dem Bus sind ein bisschen grumpy, ich auch. Ist ja auch noch sehr früh für solche Ärgernisse. Aber bald parken wir am Wanderparkplatz und die frühen Wandervögel stürmen los. In der Morgenstimmung präsentieren sich die Vulkane noch wolkenverhangen. Während die Sonne schon über den Berg güxelt, laufen wir direkt auf eine riesige Wolkenwand zu, die über dem Pass zwischen Ngaruhoe und Tongariro hängt. Noch wandern wir in der Sonne, ich bin überoptimistisch und ziehe sogar die kurze Hose an. Doch bei den Soda Springs beginnt der lange Aufstieg und wir versinken in den Wolken, die eisig auf die lange Wanderkolonne nieseln. Ab und zu lichtet sich die Nebelwand, wir sehen in die sonnige Ebene und sogar einen Regenbogen, dann sind wir wieder eingehüllt in den Eisnieselregen. Volle Regenmontur, warme Mütze und Handschuhe sind jetzt wirklich Gold wert. Aber die Stimmung ist auch sehr mystisch, wir laufen zwischen geisterhaften Lavatürmchen die endlosen Treppen hinauf und über eine flunderflache Ebene durch einen Krater. Gegen zehn Uhr erreichen wir den höchsten Punkt, den Rand des Red Crater. Der Wind bläst uns fast weg. Man sieht kaum zehn Meter weit, es ist bitterkalt. Manche Touristen setzen sich tatsächlich hin und packen ihre Snacks aus, man ist ja schliesslich auf dem Gipfel angelangt. Wir schiessen schnell ein Foto in den Wolken und steigen ab. Runter geht's flott, einfach grade runterrutschen im Vulkansand. Das macht Spass, ist aber nicht jedermanns Geschmack. Vielen Wanderern, die mich beim bergauflaufen ungeduldig überholt haben, winke ich fröhlich, während wir im Sand vorbei surfen, wo diese vorsichtig bergab staksen. Wie beim Universum bestellt, drückt bei den schönen Emerald Lakes die Sonne durch und wir haben eine super Aussicht. Türkisgrün schimmern die Seen, dahinter raucht die Erde und der Vulkan präsentiert sich in allen Farben. Für diesen Anblick stehe ich gerne mal wieder um fünf auf und marschiere im Gänsemarsch mit hunderten anderen Touristen den Berg hinauf. Je später der Vormittag, desto mehr Sonne, und bald sehen wir auch den bunten Red Crater von unten. Über eine weitere Ebene geht's hoch zum eisblauen Blue Lake. Die Farben scheinen fast surreal. Schön, dass wir das bei Sonnenschein sehen! Während wir am See entlang wandern, sehe ich plötzlich ein bekanntes Gesicht. Ilse aus Lettland, mit der ich vor fast zwei Monaten am Cape Reinga gestartet bin und die ich seit etwa sieben Wochen nicht mehr gesehen habe, steht plötzlich vor mir. Sie kommt auf der Te Araroa Route aus der anderen Richtung. Ich freue mich riesig und wir schwatzen im Stehen, haben uns tausend Dinge zu erzählen, während Sven unser Picknick auspackt und heissen Tee serviert. Dann wird es Ilse zu kalt, sie hat ja auch noch einen weiten Weg. Hoffentlich sehen wir uns auf der Südinsel wieder. Sven und ich geniessen unser Picknick und laufen dann weiter. Plötzlich öffnet sich der Blick ins Tal hinunter zum Lake Taupo und Lake Rotoaira, wo wir gestern morgen waren. Hier stehen Toiletten, und davor natürlich lange Schlangen. Da die Aussicht so toll ist, macht uns das Warten nicht viel aus. Immerhin ist es dafür auf dem so beliebten Wanderweg sauber. Der lange Abstieg hinunter zum Shuttle-Parkplatz zieht sich mehrere Stunden hin, aber der Weg ist so gut ausgebaut (Serpentinen!), und die Landschaft so schön, dass es ein purer Genuss ist. Bald kommen wir sogar ins schwitzen, denn nun brennt die Sonne vom Himmel. Hätten wir nicht erwartet heute morgen! Am Ende führt der Weg noch durch schönen Bergwald und wir pausieren bei einem kleinen Wasserfall, ganz alleine. Unten bringt uns der Shuttle dann zurück zum Auto. Dort können wir sogar duschen, und nach einem Kaffee fahren wir noch ein Stück. Bis Taumarunui folgen wir dem Highway, danach biegen wir auf den "Forgotten World Highway" ab, der zunächst dem Whanganui River folgt. Die schmale und kurvige Strasse ist sehr einsam, um diese Zeit Abends ist niemand hier unterwegs. Ein herrlich stiller, unaufgeregter Flecken Erde, als Kontrast zum überlaufenen Tongariro Crossing. Einfach nur grüne Hügel, Schafe und der Fluss, welcher hier langsam durchs Tal fliesst. Auf einem DOC Campground finden wir einen traumhaft schönen Stellplatz, den wir fast für uns alleine haben. Nur Davide, ein italienischer Tourenradler, ist auch hier und freut sich über eine Einladung zum Bier bei unserem Campervan. Hier hat es keine Kanus, da die meisten Leute erst weiter unten einsteigen zum Paddeln. Nachts ist es total still, und die Milchstrasse ist fantastisch schön hier.
Dawson Falls, 8.1.25
Roadtrip Tag 11
Wir geniessen einen gemütlichen Morgen auf unserem gottverlassenen Flusscamping, ein kleines Paradies. Eigentlich haben wir es nicht weit heute und daher keine Eile. Natürlich kommt es anders, denn der Forgotten World Highway ist irgendwie wie eine Zeit-Raum-Zerrung, alles dauert viel länger als man denkt, und trotzdem bleibt die Zeit um uns herum irgendwie stehen. Wir landen mitten in einer neuseeländischen Rush hour: die Schafe werden von einer Weide auf die andere getrieben. Es geht nur noch im Schritttempo weiter, und die Richtung der wandernden Schafe erschliesst sich uns nicht. Für die vielen Hunde und eine halbe Handvoll Bauern auf Quads wird es wohl irgendwie Sinn machen, oder zumindest ist es prima Touristen-Entertainment. Aber auch nach dem wir die Schafe passiert haben, geht's mit maximal 50 km/h weiter. Durch abgeschiedene Täler, eine grüne Schlucht und entlang einer stillgelegten Eisenbahn, landen wir am Nachmittag in der Republik Whangamomona. Dieses Dorf, unzufrieden mit einem Regierungsentscheid, hat in den 80ern aus Protest eine eigene Republik ausgerufen. Im einzigen Pub gibt's einen Stempel in den Pass, gegen eine Spende an die lokale Regierung, dazu einen feinen Burger, Salat und Hanfbier. Es gefällt uns hier, aber der nächste Laden ist zwei Stunden kurvige, hügelige Autofahrt, eine Tortur für die Kupplung. Aber unser Schaukelpferdchen, wie Sven unseren Bus liebevoll nennt, schafft das auch. Nachmittags beginnt es zu regnen und wir landen im dicken Nebel in Stratford. Eigentlich müsste man von hier aus eine tolle Sicht auf den Vulkan Taranaki haben, doch wir sehen kaum die Strasse vor uns. Wir hoffen, dass der alte Trick, bei Nebel im Tiefland in die Höhe zu fahren, auch in Neuseeland funktioniert, uns kurven abends noch in den Nationalpark hoch zu den Dawson Falls, auf halber Höhe zum Taranaki. Hier regnet es leider auch, und der Nebel hängt dick über dem feuchten Bergwald. Vom Vulkan oder der prächtigen Aussicht sehen wir nichts. Dafür kommen wir hier in den Genuss des magischen Bergregenwalds, wie ich ihn bereits in den Tararuas gesehen habe, nur praktischerweise ohne Schlamm. Wir spazieren noch zum Wasserfall, bevor wir uns für die kalte Nacht gemütlich im Bus einnisten.
Tongaporutu, 9.1.25
Roadtrip Tag 12
Am Morgen verzieht sich der Nebel und unser Plan geht doch noch auf: wir sind über den Wolken an der Sonne. Der Taranaki erscheint, zuerst mit Kappe, doch dann lichtet sich auch das letzte weisse Wolkenhäubchen. Wir wandern zu den Wilkies Pools, wo der Bergbach tolle Gletschermühlen ausgeschliffen hat, also die perfekte Badwanne. Wir nehmen ein eisiges, erfrischendes Bad, sogar ohne Badhosen, weil wir ganz alleine sind. Der Abstieg über den Ridge Track führt nochmals durch magischen Goblin Forest, heute in ganz anderem Licht im Sonnenschein. Zahlreiche Farne, Flechten und Moose verzaubern uns. Die Aussicht ist wirklich perfekt heute, bei strahlend blauem Himmel sieht man bis zum Tongariro Nationalpark und auch die Gipfel der Südinsel erahnt man im Dunst.
Gegen Mittag fahren wir weiter in Richtung Küste ans Tasmanische Meer. Bei Waitara gehen wir etwas essen und einkaufen, als Sven vor dem Supermarkt von einem einheimischen Strassenmusikanten die Gitarre übergeben wird. Er will eine kurze Rauchpause und hat wohl Svens sehnsüchtigen Blick gleich richtig interpretiert. So spielt Sven seine lange geübten Songs endlich mal mit Verstärker und vor Publikum. Nachmittags parkieren wir in Tongaporutu auf dem kostenlosen Stellplatz bei den Three Sisters. Diese Klippen kann man nur bei Ebbe wirklich erreichen, und wir sind spät dran. In zwei Stunden ist schon wieder Flut. Doch es sind noch viele Leute unterwegs, also folgen wir der Meute. Ein bisschen waten müssen wir schon, das Wasser ist bereits knietief. Doch es ist nur ein kurzes Stück, und der Strand vorne bei den Klippen ist wunderschön. Der Elefant Rock ist mit etwas Fantasie als Rüsseltier zu erkennen. Und statt drei Schwestern stehen da eher fünf Felszähne im Meer, aber ich will ja gar nicht pingelig sein. Das ist alles schon fast kitschig schön. Dahinter erhebt sich auch noch der Taranaki in den Himmel - hier kann man viele schöne Fotos machen, neuer Bildschirmschoner ist gesetzt. Doch die Flut kommt nun schnell, Sven geniesst noch einen kurzen Schwumm und schon wandern wir zurück. Die Touristen, welche uns jetzt noch entgegen kommen, müssen sich schon bis auf den BH ausziehen, um nicht allzu nass zu werden. Schwimmen wäre eine Option, aber wir haben Handy und sonstige, nicht wasserfeste Dinge dabei. Also bleibt nur waten durchs relativ warme Wasser, welches jetzt bis zur Brust geht. Gut habe ich das schon mal gemacht, sonst wäre ich jetzt ziemlich nervös geworden. Zurück auf dem Campingplatz trocknet alles schnell wieder, heute ist ein richtiger Sommertag. Abends wollen wir noch den letzten Sonnenuntergang am Meer geniessen (auch für mich ist es wohl der letzte Sonnenuntergang an der Westküste Neuseelands), doch nach einer halben Stunde wandern hinauf zu den Klippen hat der Bauer einfach den Weg gesperrt. So geniessen wir halt den Sonnenuntergang auf der Strasse, neben einer brüllenden Kuhherde. Das ist auch recht romantisch 😂.
Drury / Auckland, 10.-11.1.25
Roadtrip Tag 13/14
Unser letzter Tag im Campervan bricht an. Reste aufessen ist das Motto beim Frühstück. Seit Tagen hätscheln und tätscheln wir eine steinharte Avocado, die wir in einer Affekthandlung vor einer gefühlten Ewigkeit gekauft haben und die einfach nicht reifen wollte. Aber heute ist sie fällig, weich oder nicht. Normalerweise sind die neuseeländischen Avocado nicht so zickig und schmecken perfekt. Auch diese hier schmeckt, ist halt noch bitz al dente. Was wir heute nicht mehr futtern, kriegen die jungen work & travel Reisenden neben uns. Dann fahren wir los, zunächst der Küste entlang, dann geht's bald wieder ins Landesinnere und die Hobbitlandschaft breitet sich aus. Nach Hobbiton wollten wir eigentlich vor einer Woche schon, und auch heute noch mal, aber es ist alles auf Tage ausgebucht. Wir durchfahren dafür die Landschaft, welche Filmkulissen waren für den Weathertop im ersten Herr der Ringe-Film. Schöne Kalk-Felsen türmen sich auf den grünen Hügeln. Mittags halten wir statt in Hobbiton im Kiwi House an. Hier kann man in einem Nachtgehege auch tagsüber Kiwis sehen. Doch das entpuppt sich als nicht ganz einfach, denn unsere Nachtsichtbrille haben wir nicht dabei, und das Fake-Sternenlicht ist für menschliche Augen sehr wenig Licht, um die braunen Vögel im braunen Dickicht und Laub zu sehen. Ewig starren wir in das dunkle Gehege. Rundherum rufen die Leute, "da da" und "dahinten, ist ja ganz offensichtlich", aber ich sehe gar nichts. Geduld ist gefragt. Nicht meine Stärke. Andererseits erkenne ich gerade, wie klein die Chance ist, so einen Vogel mitten in der Nacht draussen in freier Natur zu sehen, denn er ist praktisch unsichtbar, und warte noch etwas. Da, plötzlich, ein Schatten huscht ganz hinten im Gehege der Wand entlang, und kommt immer näher. Der Kiwi pickt mit seinem langen hellen Schnabel (effektiv das einzige, was man im Dunkeln von ihm sieht), im Laub herum und sucht nach Leckereien. Am Ende ist er ganz vorne an der Scheibe und wir können ihn gut sehen. Er ist viel grösser als gedacht, wie ein richtig grosses dickes Huhn. Der Kiwi pickt geduldig vor sich hin und lässt sich nicht beirren (er ist zum Glück schallisoliert hinter einer dicken Scheibe und hört die aufgeregten Juchzer der Touristen nicht). Auch für viele Neuseeländer ist dies das einzige Mal, dass sie einen Kiwi zu Gesicht bekommen, so selten und schwer zu finden sind die Tiere. Schon seltsam, wie sich so ein eher plumpes, flugunfähiges und praktisch blindes Vogelvieh zum Nationalvogel hochgearbeitet hat. Aber herzig ist der Kiwi schon, mit seinem dicken Füdli, den Schnurrbarthaaren wie eine Katze. Auch nett dass die Männchen beim Brüten die Hauptarbeit übernehmen, wenn das Weibchen schon so ein riesiges Ei legen muss. Wenn man aktuell sieht, wie es Ländern mit auf den ersten Blick eindrücklicheren Wappentieren gerade so ergeht (Weisskopfadler, du bist gemeint), erscheint mir Neuseeland gerade doppelt sympathisch mit seiner entspannten und wenig prätenziösen Art. Wir sind jedenfalls ganz verzaubert vom Kiwi. Leider darf man im Kiwi Gehege nicht fotografieren. Im Kiwi House gibt's auch noch andere Vögel zu bestaunen, so sehen wie die Kingfisher (Eisvögel) von ganz nahe. Die Keas und Kakas sind leider gerade auf Ferienreise irgendwo, aber wir bestaunen schöne grüne Papageien, viele Enten und ein paar erstaunlich grosse Echsen. Nach einem leckeren Sushi zum Mittagessen fahren wir über ein paar ruhige Backcountry Roads nach Norden. In Pirongia gibt's noch ein leckeres Eiskaffee, bevor wir auf den Waikato Expressway einbiegen und bei sagenhaften 110 km/h endlich auch mal ein paar Trucks überholen (auf den Landstrassen waren die immer schneller als wir). Abends stehen wir auf einem Motorhome Parkplatz hinter einem Irish Pub, dem "Murphys Law". Hier putzen und räumen wir unsere Sachen, duschen und gehen nochmals lecker deftig essen. Am Morgen geht's dann nur noch 10 km nach Papakura im Süden von Auckland, wo wir das Büssli zurückgeben und mit dem Flughafenbus zum Auckland Airport fahren. Von hier fliegt Sven nachhause 😓 und ich nach Wellington 🤗.
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