Die erste Nacht in Istanbul schlafe ich tief und fest, trotz der Hitze in unserem Zimmer. Sven fragt mich am nächsten Morgen, ob ich den verrückten Trommler mitten in der Nacht auch gehört hätte. Trommler? Häh? Angeblich sei da ein Typ mit einer mächtigen Pauke durch die Strassen marschiert und habe so laut getrommelt, dass die Autoalarmanlagen alle angegangen wären, meint Sven. Er hätte sich schon überlegt, ob er runter auf die Strasse gehen und mittrommeln solle, oder doch lieber die Polizei rufen, da sei ein Irrer auf der Strasse... Ich rolle mit den Augen, denke mir, der übertreibt jetzt aber sicher. Doch in der nächsten Nacht höre ich es auch. Tatsächlich marschiert morgens um zwei Uhr ein Typ durchs Quartier und haut einen Trommelwirbel hin, dass man steht im Bett (wie ich es die Nacht vorher verschlafen habe, ist mir schleierhaft...). Wo er hinkommt, heulen die Alarmanlagen der parkierten Autos los, und es hallt in den Gassen, dass es eine Wucht ist. Doch niemand scheint sich zu wundern oder darüber zu beschweren. Überhaupt geht das Leben erst richtig los nach Sonnenuntergang in Sisli (unserem Quartier in Istanbul), nun sind die Temperaturen langsam erträglich. Die wenisten Wohnungen hier haben eine Klimaanlage. Kinder spielen nachts um zwei noch auf der Strasse, die Leute sitzen auf ihren Balkonen, trinken Tee und tratschen, als unten der Trommler vorbeimarschiert. Als wir am nächsten Morgen Seref, unseren Gastgeber, nach dem mysteriösen "Drummer" fragen, klärt sich das Rätsel auf: Es ist der Ramadan-Trommler, eine uralte osmanische Tradition. Er zieht nachts durch die Strassen und weckt die Leute auf, damit sie ein letztes Mal etwas essen und trinken können, bevor mit dem ersten Tageslicht (z.Z. etwa um halb vier) der Muezzin singt und damit das tägliche Fasten beginnt. Offenbar ist es ein einträgliches Geschäft für die Trommler, die am Ende des Ramadans von Tür zu Tür gehen und Geld sammeln für diesen "Liebesdienst". Seref meint, die Trommler würden gut verdienen. Man stelle sich vor, dass bei uns einer einen Monat lang morgens um zwei alle aus dem Bett trommelt, dass die Sirenen heulen, und dann am Ende auch noch die Hand dafür aufhält :-). Als wir erwähnen, dass wir schon fast die Polizei rufen wollten, grinsen die Einheimischen verschmitzt und meinen, das wäre ein toller Gag gewesen - dieser Polizeiruf hätte vermutlich die ganze Nation zum Lachen gebracht. Offenbar ist die Trommeltradition leider vom Aussterben bedroht (wen wunderts...), hier ein interessanter Artikel darüber. Und hier ein Foto des Nachtruhestörers (inkl. blinkenden Autoalarmanlagen ;-):
In den folgenden Tagen lassen wir die Räder in der Wohnung und erkunden Istanbul per Bus, Metro, Schiff, Tram und zu Fuss. Wir besichtigen die berühmte Hagia Sophia (oder Ayasofia), die früher eine byzantinische Kathedrale war und dann zur Moschee umfunktioniert wurde. Heute ist sie ein Museum und ein einzigartiger Mix aus christlicher und islamischer Tradition.
Abends lassen wir uns zu einer Sonnenuntergangs-Schifffahrt auf dem Bosporus überreden, eine herrliche Abkühlung. Zwar kostet das Bier doppelt so viel wie zuhause, dennoch geniessen wir es, mit einem kühlen Hopfengetränk durchs Goldene Horn zu gondeln, den Topkapi-Palast (Sultanspalast) vom Wasser aus zu bewundern, an der Jungferninsel vorbeizuschippern, unter der riesigen Bosporusbrücke hindurchzufahren und alte Burgen und Paläste sowohl auf der europäischen als auch asiatischen Seite zu bewundern.
Auf dem Heimweg schlendern wir über den Nachtbasar am goldenen Horn, wo es gar nicht touristisch zu und hergeht. Hier gibt es frisch gepressten Orangensaft für 50 Rappen, allerlei Leckerbissen und so viele gefälschte Markenklamotten, wie man sich nur wünscht. Am nächsten Tag bleiben wir "zuhause" in Sisli, bereits erschöpft vom Sightseeing. Es ist gerade Markt auf der Strasse vor unserer Wohnung, und wir kaufen frisches Gemüse ein für eine ganze Woche. Dabei treffen wir Ahmet, einen Nachbarn, der prima Englisch spricht und Sven zum Fischen einlädt auf der Galatabrücke. Er kommt dann auch morgens um zwei mit einem Eimer Fisch zurück, die wir am nächsten Tag in Ahmets Wohnung verspeisen. Dazu gibt es eine tolle Linsensuppe, Salat, frittierte Käseteigtaschen ("Käsezigarren") und panierte Bosporus-Fischli. Später nimmt uns Ahmet mit zum Teetrinken mit Freunden auf einer Dachterasse über dem Goldenen Horn - was für eine fantastische Aussicht!
Frisch gestärkt, brechen wir zu einer zweiten Sightseeing-Tour auf und besuchen die Blaue Moschee, eine der grössten und schönsten Moscheen Istanbuls. Keine andere Moschee hat 6 Minarette, ausser Mekka, dort gibt es neun. Der Andrang ist gross, und hier wird Vorhang vorgeschrieben, also übe ich schon mal für den Iran:
Wie ihr es vielleicht schon erahnt habt, heisst sie "blaue" Moschee nicht wegen der Aussen-, sondern der Innendekoration: viele wunderschöne blaue Kacheln dekorieren die Kuppeln im Innern.
Als Kontrast dazu gehen wir in den kühlen Untergrund zu den römischen Zisternen, die ganz in Rot beleuchtet sind. Hunderte von Säulen tragen die Decke seit 1500 Jahren und sind fast alle noch im Originalzustand. Die meisten Leute rennen sofort los zu den "Medusen", zwei Säulensockeln in Form von Ḿedusenköpfen (Frauen mit Schlangenhaaren), doch ich finde die magische Beleuchtung und die fetten Karpfen, die im Wasser schwimmen, genauso faszinierend.
Der grosse Bazar ist leider am Sonntag geschlossen, aber wir finden den Gewürzbasar grad gross genug für unseren Bedarf (wir stocken unseren Kardamon-Vorrat auf), und in den engen Gassen hinter dem Gewürzbasar, wo die Einheimischen einkaufen, gefällt es uns grade so gut. Zum Abschluss des Tages besuchen wir noch die Süleyman-Moschee, vom selben Architekten wie die in Edirne erbaut, ebenfalls eine sehr schöne Moschee, und weniger Rummel.
Am nächsten Abend treffen wir uns mit ehemaligen Siemens-Arbeitskollegen von Sven, gebürtigen Istanbulern: Erman und Giray, sowie Girays Frau Nurcan. Sie nehmen uns mit zum Taksim-Platz und dem Gezi-Park, wo kaum etwas daran erinnert an die Krawalle vor wenigen Wochen. Ein friedlicher Ort, Kinder spielen, ältere Menschen trinken Tee auf den Parkbänken. Auf dem Taksim-Platz sind überall Tische gedeckt für das abendliche, kostenlose Ramadan-Mahl. Man muss allerdings frühzeitig da sein, wer einen Sitzplatz will! Wir laufen weiter nach Beyoglu, Istanbuls Ausgehviertel, und trinken dort ein Bier zusammen, später finden Erman, Giray und Nurcan ein Fischrestaurant für uns alle, wo wir uns zum Fixpreis die Bäuche vollschlagen können. Auch der Raki darf nicht fehlen! Es tut gut, sich mal wieder fliessend auf Englisch und Deutsch unterhalten zu können.
Auf dem Heimweg verweilen wir eine Weile im Gezi Park, geniessen die Sommernachts-Stimmung, schauen den Leuten beim Tanzen und Musizieren zu. Es wäre sehr schade, würde dieser Park einem weiteren, hässlichen Einkaufszentrum zum Opfer fallen. Istanbul hat wahrlich wenige Grünflächen, besonders im Zentrum.
Nach einem weiteren Ruhetag, ein paar Reparaturen an den Bikes (Mononoke kriegt neue Naben und ein neues Laufrad, Freddy einen neuen Finken), einem Coiffeur- (Kathrin) und Barbierbesuch (Sven), viel Recherchieren über die Türkei und unsere weitere Route, brechen wir nach einer Woche auf nach Asien. Wir überlassen die Brücke den Autofahrern und nehmen die Fähre hinüber auf einen neuen Kontinent.
Auf der asiatischen Seite zieht es uns nun ans Schwarze Meer. Nach einer Woche Stadthitze lechzen wir nach Strand. Doch der will hart erkämpft sein: steil geht es aus der Stadt raus, über die Hügel Istanbuls. Zum ersten Mal seit Wochen regnet es, doch wir sind dankbar um die Abkühlung. Wir geniessen noch einen letzten Blick zurück auf den Bosporus, dann kämpfen wir uns weiter durchs Gebirge. Hier gibt es noch viele alte Eichenwälder, doch leider wurde mächtig abgeholzt, vierspurige Strassen und ganze Siedlungen werden hier aus dem Boden gestampft. Istanbul, bereits bei 20 Mio Einwohnern, wenn man die ganzen Vororte mitzählt, wächst stetig. Endlich erreichen wir Riva, den ersten Strand, und stürzen uns ins Wasser. Grade rechtzeitig zum Eindunkeln finden wir auch einen Campingplatz.
Doch es gefällt uns nicht so sehr hier, und so ziehen wir am nächsten Tag weiter nach Sile, einem weiteren Strandort ca. 40 km weiter. Die Küstenstrasse, auf unserer Karte verzeichnet, verläuft bald zur Schotterpiste und wird immer abenteuerlicher. Steile Rampen quälen wir uns hoch, und ebenso steil rutschen wir auf der andern Seite wieder runter. Irgendwann wird es uns zu bunt, und wir schlagen uns auf einem Forstweg durch zurück zum "Highway". Dort sehen wir zwei Schildkröten beim Schäferstündchen - das Highlight des Tages! Ansonsten wird es ein harter Tag, aus den 40 km werden fast 70 äusserst hügelige km, bis wir abends Sile erreichen. Dort hat es zum Glück einen wunderbaren Camping, einfach aber ruhig, mit schattenspendenden Bäumen, wenig Betrieb (keine Dauerbeschallung mit billiger Popmusik!) und freundlichen Zeltnachbarn. Der Strand ist nur 5 Min. zu Fuss entfernt, durch die Sanddünen. Unsere Zeltnachbarn, eine türkische Grossfamilie, sind seit 2 Monaten hier - Dauercamper, türkische Version! Sie sind sehr nett und versorgen uns fast täglich mit irgendwelchen Leckerbissen. Wir richten uns häuslich ein und bleiben eine Woche, tun nichts als täglich im Meer zu baden, leckere Hackfleischbällchen zu grillieren und Tomaten-Gurkensalat kiloweise zu verdrücken. Ein junger Hund freundet sich mit uns (und den Resten unserer Hackbällchen) an, bewacht unser Zelt zähnefletschend gegen jegliche Eindringlinge. Das Leben könnte soooo schön sein...
Doch das Ende des Ramadan naht, und somit die dreitägigen "Zuckerfest"-Feiertage, wo alle wieder Bier trinken und Essen dürfen, und die ganze Türkei kollektiv ans Meer zum Zelten fährt. Es wird also vorbei sein mit der Ruhe. Wir beschliessen, abzureisen, bevor der grosse Rummel losgeht, doch da haben wir die Istanbuler unterschätzt. Als wir am ersten Feiertag um 6 Uhr aufstehen, um in der morgendlichen Kühle zu packen und loszuradeln, steht bereits eine Grossfamilie (ungefähr 20 Personen) vor unserem Zelt und fragt uns, ob sie unseren Platz haben dürften, und wann wir denn endlich abreisen... - sie müssen um 5 Uhr in der Früh losgefahren sein. Jetzt stehen sie da, mit laufenden Motoren, die Kinder begutachten alles, die Erwachsenen fangen an, Zelte um uns herum aufzubauen, einer, der etwas deutsch kann, will alles über uns wissen. Und ich hatte noch nicht mal meinen ersten Kaffee! Grummel... so packen wir schneller, als uns lieb ist, und kurbeln schon vor acht Uhr in die Berge, weg vom Strand und der dreitägigen Party. Güle güle, Kara Deniz - bye bye schwarzes Meer!
In den folgenden Tagen lassen wir die Räder in der Wohnung und erkunden Istanbul per Bus, Metro, Schiff, Tram und zu Fuss. Wir besichtigen die berühmte Hagia Sophia (oder Ayasofia), die früher eine byzantinische Kathedrale war und dann zur Moschee umfunktioniert wurde. Heute ist sie ein Museum und ein einzigartiger Mix aus christlicher und islamischer Tradition.
Abends lassen wir uns zu einer Sonnenuntergangs-Schifffahrt auf dem Bosporus überreden, eine herrliche Abkühlung. Zwar kostet das Bier doppelt so viel wie zuhause, dennoch geniessen wir es, mit einem kühlen Hopfengetränk durchs Goldene Horn zu gondeln, den Topkapi-Palast (Sultanspalast) vom Wasser aus zu bewundern, an der Jungferninsel vorbeizuschippern, unter der riesigen Bosporusbrücke hindurchzufahren und alte Burgen und Paläste sowohl auf der europäischen als auch asiatischen Seite zu bewundern.
Auf dem Heimweg schlendern wir über den Nachtbasar am goldenen Horn, wo es gar nicht touristisch zu und hergeht. Hier gibt es frisch gepressten Orangensaft für 50 Rappen, allerlei Leckerbissen und so viele gefälschte Markenklamotten, wie man sich nur wünscht. Am nächsten Tag bleiben wir "zuhause" in Sisli, bereits erschöpft vom Sightseeing. Es ist gerade Markt auf der Strasse vor unserer Wohnung, und wir kaufen frisches Gemüse ein für eine ganze Woche. Dabei treffen wir Ahmet, einen Nachbarn, der prima Englisch spricht und Sven zum Fischen einlädt auf der Galatabrücke. Er kommt dann auch morgens um zwei mit einem Eimer Fisch zurück, die wir am nächsten Tag in Ahmets Wohnung verspeisen. Dazu gibt es eine tolle Linsensuppe, Salat, frittierte Käseteigtaschen ("Käsezigarren") und panierte Bosporus-Fischli. Später nimmt uns Ahmet mit zum Teetrinken mit Freunden auf einer Dachterasse über dem Goldenen Horn - was für eine fantastische Aussicht!
Frisch gestärkt, brechen wir zu einer zweiten Sightseeing-Tour auf und besuchen die Blaue Moschee, eine der grössten und schönsten Moscheen Istanbuls. Keine andere Moschee hat 6 Minarette, ausser Mekka, dort gibt es neun. Der Andrang ist gross, und hier wird Vorhang vorgeschrieben, also übe ich schon mal für den Iran:
Wie ihr es vielleicht schon erahnt habt, heisst sie "blaue" Moschee nicht wegen der Aussen-, sondern der Innendekoration: viele wunderschöne blaue Kacheln dekorieren die Kuppeln im Innern.
Als Kontrast dazu gehen wir in den kühlen Untergrund zu den römischen Zisternen, die ganz in Rot beleuchtet sind. Hunderte von Säulen tragen die Decke seit 1500 Jahren und sind fast alle noch im Originalzustand. Die meisten Leute rennen sofort los zu den "Medusen", zwei Säulensockeln in Form von Ḿedusenköpfen (Frauen mit Schlangenhaaren), doch ich finde die magische Beleuchtung und die fetten Karpfen, die im Wasser schwimmen, genauso faszinierend.
Der grosse Bazar ist leider am Sonntag geschlossen, aber wir finden den Gewürzbasar grad gross genug für unseren Bedarf (wir stocken unseren Kardamon-Vorrat auf), und in den engen Gassen hinter dem Gewürzbasar, wo die Einheimischen einkaufen, gefällt es uns grade so gut. Zum Abschluss des Tages besuchen wir noch die Süleyman-Moschee, vom selben Architekten wie die in Edirne erbaut, ebenfalls eine sehr schöne Moschee, und weniger Rummel.
Am nächsten Abend treffen wir uns mit ehemaligen Siemens-Arbeitskollegen von Sven, gebürtigen Istanbulern: Erman und Giray, sowie Girays Frau Nurcan. Sie nehmen uns mit zum Taksim-Platz und dem Gezi-Park, wo kaum etwas daran erinnert an die Krawalle vor wenigen Wochen. Ein friedlicher Ort, Kinder spielen, ältere Menschen trinken Tee auf den Parkbänken. Auf dem Taksim-Platz sind überall Tische gedeckt für das abendliche, kostenlose Ramadan-Mahl. Man muss allerdings frühzeitig da sein, wer einen Sitzplatz will! Wir laufen weiter nach Beyoglu, Istanbuls Ausgehviertel, und trinken dort ein Bier zusammen, später finden Erman, Giray und Nurcan ein Fischrestaurant für uns alle, wo wir uns zum Fixpreis die Bäuche vollschlagen können. Auch der Raki darf nicht fehlen! Es tut gut, sich mal wieder fliessend auf Englisch und Deutsch unterhalten zu können.
Auf dem Heimweg verweilen wir eine Weile im Gezi Park, geniessen die Sommernachts-Stimmung, schauen den Leuten beim Tanzen und Musizieren zu. Es wäre sehr schade, würde dieser Park einem weiteren, hässlichen Einkaufszentrum zum Opfer fallen. Istanbul hat wahrlich wenige Grünflächen, besonders im Zentrum.
Nach einem weiteren Ruhetag, ein paar Reparaturen an den Bikes (Mononoke kriegt neue Naben und ein neues Laufrad, Freddy einen neuen Finken), einem Coiffeur- (Kathrin) und Barbierbesuch (Sven), viel Recherchieren über die Türkei und unsere weitere Route, brechen wir nach einer Woche auf nach Asien. Wir überlassen die Brücke den Autofahrern und nehmen die Fähre hinüber auf einen neuen Kontinent.
Auf der asiatischen Seite zieht es uns nun ans Schwarze Meer. Nach einer Woche Stadthitze lechzen wir nach Strand. Doch der will hart erkämpft sein: steil geht es aus der Stadt raus, über die Hügel Istanbuls. Zum ersten Mal seit Wochen regnet es, doch wir sind dankbar um die Abkühlung. Wir geniessen noch einen letzten Blick zurück auf den Bosporus, dann kämpfen wir uns weiter durchs Gebirge. Hier gibt es noch viele alte Eichenwälder, doch leider wurde mächtig abgeholzt, vierspurige Strassen und ganze Siedlungen werden hier aus dem Boden gestampft. Istanbul, bereits bei 20 Mio Einwohnern, wenn man die ganzen Vororte mitzählt, wächst stetig. Endlich erreichen wir Riva, den ersten Strand, und stürzen uns ins Wasser. Grade rechtzeitig zum Eindunkeln finden wir auch einen Campingplatz.
Doch es gefällt uns nicht so sehr hier, und so ziehen wir am nächsten Tag weiter nach Sile, einem weiteren Strandort ca. 40 km weiter. Die Küstenstrasse, auf unserer Karte verzeichnet, verläuft bald zur Schotterpiste und wird immer abenteuerlicher. Steile Rampen quälen wir uns hoch, und ebenso steil rutschen wir auf der andern Seite wieder runter. Irgendwann wird es uns zu bunt, und wir schlagen uns auf einem Forstweg durch zurück zum "Highway". Dort sehen wir zwei Schildkröten beim Schäferstündchen - das Highlight des Tages! Ansonsten wird es ein harter Tag, aus den 40 km werden fast 70 äusserst hügelige km, bis wir abends Sile erreichen. Dort hat es zum Glück einen wunderbaren Camping, einfach aber ruhig, mit schattenspendenden Bäumen, wenig Betrieb (keine Dauerbeschallung mit billiger Popmusik!) und freundlichen Zeltnachbarn. Der Strand ist nur 5 Min. zu Fuss entfernt, durch die Sanddünen. Unsere Zeltnachbarn, eine türkische Grossfamilie, sind seit 2 Monaten hier - Dauercamper, türkische Version! Sie sind sehr nett und versorgen uns fast täglich mit irgendwelchen Leckerbissen. Wir richten uns häuslich ein und bleiben eine Woche, tun nichts als täglich im Meer zu baden, leckere Hackfleischbällchen zu grillieren und Tomaten-Gurkensalat kiloweise zu verdrücken. Ein junger Hund freundet sich mit uns (und den Resten unserer Hackbällchen) an, bewacht unser Zelt zähnefletschend gegen jegliche Eindringlinge. Das Leben könnte soooo schön sein...
Doch das Ende des Ramadan naht, und somit die dreitägigen "Zuckerfest"-Feiertage, wo alle wieder Bier trinken und Essen dürfen, und die ganze Türkei kollektiv ans Meer zum Zelten fährt. Es wird also vorbei sein mit der Ruhe. Wir beschliessen, abzureisen, bevor der grosse Rummel losgeht, doch da haben wir die Istanbuler unterschätzt. Als wir am ersten Feiertag um 6 Uhr aufstehen, um in der morgendlichen Kühle zu packen und loszuradeln, steht bereits eine Grossfamilie (ungefähr 20 Personen) vor unserem Zelt und fragt uns, ob sie unseren Platz haben dürften, und wann wir denn endlich abreisen... - sie müssen um 5 Uhr in der Früh losgefahren sein. Jetzt stehen sie da, mit laufenden Motoren, die Kinder begutachten alles, die Erwachsenen fangen an, Zelte um uns herum aufzubauen, einer, der etwas deutsch kann, will alles über uns wissen. Und ich hatte noch nicht mal meinen ersten Kaffee! Grummel... so packen wir schneller, als uns lieb ist, und kurbeln schon vor acht Uhr in die Berge, weg vom Strand und der dreitägigen Party. Güle güle, Kara Deniz - bye bye schwarzes Meer!
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