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1000 km geradelt - Rückblick auf Deutschland, Tschechien, Österreich

Ahoi Svizarsky,

Unser Reiseprojekt "Pedalling East" hat wieder neuen Schwung bekommen. Sven hat ein neues Velo, die Mononoke II (oder Mono Revenge). Ganz herzlichen Dank an alle, die dazu beigetragen haben! Wir sind nun endlich wieder gemeinsam unterwegs auf den Velos. Bis dahin wars aber eine Reise mit vielen Auf und Ab's, in jeglicher Hinsicht.

Nach meinem ersten, begeisterten Blogeintrag in Weimar fuhr ich weiter durch Thüringen über Jena, das malerische Mühltal und Gera. Kurz danach wurde das Wetter kalt und regnerisch, so nahm ich den Zug bis Dresden. Dort widerfuhr mir dann gleich das erste "Unglück" dieser Reise: mein bequemer Sattel und meine toll gefederte Sattelstütze gingen über Nacht an einen neuen Besitzer über. So ein Mist!

Freddy amputiert
Zum Glück konnte ich kurz vor Wochenend-Ladenschluss noch einen neuen Sattel inkl. Stütze erwerben und so am nächsten Tag weiterradeln. Der Elbe entlang ging es nun in den Nationalpark Sächsische Schweiz. Im Hostel wurde ich so sächsisch begrüsst, dass ich kaum ein Wort verstand, aber die Wanderkarte, die man mir in die Hand drückte, konnte ich lesen ;-)
So wanderte ich die nächsten zwei Tage, bis mir die Füsse wehtaten, doch es war herrlich. Die mächtigen Sandsteinfelsen, die sich hier über dem Elbtal erheben, geben ein phantastisches Wanderrevier ab, und besonders die vielen Leitern und Treppen auf die Felstürme haben es mir angetan.



Bei herrlichem Frühlingswetter ging es weiter der Elbe entlang, über die erste Landesgrenze nach Tschechien. Ab nun gab es fast täglich Knödel und Sauerkraut, dazu natürlich leckeres Bier. Über Litomerice und Melnik, von wo aus ich der Moldau folgte, gelangte ich auf tollen Radelwegen bis an die Stadtgrenze von Prag. Unterwegs sah ich zahlreiche Rehe, Hasen und sogar Fasane.


Kurz vor Prag wurde der Radweg dann nochmals richtig abenteuerlich... dieses Warnschild stand erst am andern Ende des Weges und es war nicht übertrieben:


Doch dafür wurde ich mit einer fantastischen Sicht auf Prag entlohnt, denn der Radweg führte mitten durch die Stadt der Moldau entlang, mit Blick auf die Burg und an der berühmten Karlsbrücke vorbei.




Zwar war Regen angesagt für die folgenden Tage, doch ich freute mich riesig, denn ich bekam Besuch aus der Schweiz von Antonia und Chantal. Zu dritt erkundeten wir die Stadt, besuchten das Schlossviertel, Museen und die Altstadt. Natürlich kam auch das Kulinarische nicht zu kurz (die tschechische Küche hat auch für Vegetarierinnen ein bisschen was zu bieten). Am letzten Tag vor Antonias und Chantals Rückreise stiess auch Sven noch zu uns. Wir fanden eine sehr typische Beiz mit moderaten Preisen im Herzen der Altstadt, wo wir einen netten Abend verbrachten und noch ein Schweiz-tschechisches Pärchen trafen.

Am nächsten Morgen kam dann leider der grosse Schock: Svens treuer Drahtesel Mononoke wurde aus dem Hotel gestohlen. Die nächsten paar Tage verbrachten wir mit Polizeiberichten, Bazare durchsuchen nach dem gestohlenen Rad, Internet-Verkaufsplattformen durchforsten... leider gab es kein Lebenszeichen von Mono, und wir wussten nicht recht, wie weiter.

Wie ich euch ja letztes Mal schon geschrieben habe, sind wir aufs Land gezogen, zu Frantiska nach Jablonna, ca. 60km südlich von Prag. Bei ihr konnten wir im Garten und beim Holzen helfen und so während fast 2 Wochen unsere Gedanken ordnen. Es war auch sehr schön, während dieser kurzen Zeit bereits einige Pflanzen, die wir selber gesät hatten, wachsen zu sehen.





Mit Frantiska verbrachten wir sehr lustige Abende in ihrer gemütlichen Küche. Am ersten Wochenende kam auch noch Lucie aus Prag vorbei und half mit im Garten. Wir unternahmen auch einige Ausflüge in die Gegend: zum Kloster Svata Hora, ins morbide Beinhaus von Kutna Hora sowie zur Burg Karlstein und dem tschechischen Grand Canyon. Einige dieser Ausflüge konnten wir sogar mit dem Fahrrad machen, Sven konnte mit Frantiskas altem Velo fahren (es ging aber ziemlich schwer...).





Danach fuhr Sven mit dem Zug zurück nach Deutschland. Wir hatten beschlossen, dass die Reise weitergehen sollte, und dazu brauchte er ein neues Fahrrad. Ich packte unterdessen soviel ich konnte auf meinen Burrito Freddy (der furchtbar ächzte ob all dem Plunder) und brach auf durch Tschechiens Süden. Sven würde mich mit seinem neuen Fahrrad und wenig Gepäck rasch einholen.
Südböhmen ist äusserst hügelig - dies nur so als Warnung an alle Nachahmer/innen! Allerdings auch sehr schön, eine ländliche Gegend mit noch viel intakter Natur und hübschen, wenn auch etwas zerfallenen Dörfern.
Über Tabor und Jindrichuv Hradec ging es fast bis an die Grenze zu Österreich, dann nach Osten, immer der Grenze entlang. Kurz vor dem Thayatal-Nationalpark liess ich mich für ein paar Tage auf dem wunderschön gelegenen Bitov Camping nieder und entspannte meine Beine, meinen Hintern (mein neuer Sattel schmerzte mich fürchterlich) und wartete auf Sven. Der legte einen formidablen Spurt hin und holte mich in nur zweieinhalb Tagen ein, mit einer letzten Tagesetappe von 160 km. Dafür bekam er auch einen dicken Kuss!
Wir erkundeten den Nationalpark zu Fuss und per Rad, dann ging es weiter nach Znojmo, wo wir die faszinierenden unterirdischen Gänge besichtigten. Hier fand ich auch einen neuen Sattel, einen "Diva Lady" - wenn's da nix wird!
Vorgestern haben wir dann die Grenze nach Österreich überquert und sind durchs Weinviertel gefahren, leider bei heftigstem Gegenwind. Der Wein hat aber geschmeckt! Nach 24 Stunden überquerten wir bereits die nächste Landesgrenze zur Slowakei, dem 4. Land auf dieser Reise. Mittlerweile waren wir auch grad 1000 km geradelt. Dies feierten wir mit einem tollen Wildcamping-Platz an einem Baggersee, wo uns die Mücken dermassen attackierten, dass uns Hören und Sehen verging. Heute haben wir, leider bei strömendem Regen, Bratislava und die Donau erreicht. Das Wetter war nicht optimal für eine Stadtbesichtigung, also haben wir einen Kochkurs im Hostel mitgemacht und gelernt wie man typisch slowakisches Gebäck namens "Funky" (Fettgebackenes, mjam!) und Linsen-Kartoffelsuppe mit viel Knoblauch kocht. Natürlich durften wir es dann auch essen. Jetzt rollen wir uns auf unseren Hostelbetten mit vollen Bäuchen und schwerem Kopf (das Bier schmeckt auch in der Slowakei). Wir hoffen, wie ihr alle wohl auch, auf besseres Wetter für unsere Weiterfahrt Richtung Ungarn.
Herzliche Grüsse aus Bratislava!

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