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Cruising through the Redrocks

 


 

Hi everyone,

Heute habe ich nach 4 Tagen endlich wieder Zivilisation erreicht und befinde mich in der "one-Horse-town" Hanksville. Es hat aber alles, wovon ich in den letzten Tagen träumte: Dusche, ein feines Steak, ein Waschsalon und ein weiches Bett mit Airconditioning. Es braucht doch so wenig, um restlos glücklich zu sein ;-)
Es ist ein zweischneidiges Schwert, wieder mit dem guten alten Freddy unterwegs zu sein: einerseits wahnsinnig schöne Landschaft und endlose Weite, andrerseits dreht sich alles nur um zwei Dinge: wo gibts Wasser und Schatten? Es ist nämlich unglaublich heiss hier, schon gegen Mittag klettert das Thermometer auf über 40 Grad, und da ich durch die Wüste radle, sind die paar wenigen Bäume fast so klein wie ich. Somit wird das eincremen von Sonnenschutz und Insektenspray zum stündlichen Ritual (nach 5 Minuten ist fast alles wieder weggeschwitzt), und zusätzlich zu meinem Gepäck muss auch noch täglich 10 Liter Wasser aufs Fahrrad - Schlepp, Schlepp...
Nach einer mal wieder verspäteten Zugfahrt nach Moab besichtigte ich am ersten Tag den Arches Nationalpark, eine eindrückliche Landschaft aus redrocks und natürlichen Steinbögen. Doch schon auf der Fahrt dorthin erlitt ich fast einen Kollaps, wären da nicht zwei nette Schweizer im Camper gewesen, die mir aus ihrem Kühlschrank eine eiskalte Cola spendierten. Welch ein Luxus!! Somit fühlte ich mich am nächsten Tag gestärkt, um die erste Etappe auf der Route nach San Francisco in Angriff zu nehmen. Doch obwohl ich um halb neun schon losfuhr (ein Rekord, wohlgemerkt!), hatte ich am Mittag erst ein Viertel der geplanten Strecke geschafft und war den Tränen nah. Ihr könnt euch die Hitze fast nicht vorstellen. Ausserdem schlich ich so langsam über die Hügel, dass mich Tausende von Insekten bei lebendigem Leib frassen. Kurz vor Sonnenuntergang erreichte ich dann endlich den angestrebten Camping, wo ich dafür mit einer grandiosen Abendstimmung vor roten Felsen und dem schönsten Sternenhimmel seit der Mongolei belohnt wurde, und diese erst noch mit niemandem teilen musste- ich war die einzige auf diesem abgelegenen Camping. Meine Lektion gelernt, stand ich am nächsten Morgen früher auf, und am übernächsten noch früher... Mittlerweile stehe ich um halb 5 auf und fahre kurz nach 6 los, sobald es hell genug ist, dass man die Hand vor den Augen sieht. Jawohl. Ich, Morgenmuffel-Queen, habe schon 20km in den Beinen, wenn bei euch erst der Wecker klingelt. Aber leider ist die morgendliche (relative) Kühle die einzige Zeit, wo ich vorwärtskomme. Danach brauche ich jeweils alle 3-4 km eine lange Pause im "Schatten" (meist kauere ich unter einem Grasbüschel oder robbe unter einen Felsen), um meine Hirnzellen vor dem Supergau zu bewahren, und komme daher meist erst abends an. Auch sind die Distanzen hier viel größer. Heute z.B. musste ich über 80km über die Berge, weil es dazwischen einfach nichts gab, was einem zum Überleben hilfreich sein könnte. Dafür werde ich mit Ausblicken belohnt, dass ich mich manchmal fast kneifen muss, um zu glauben, dass es wahr ist. Meine Reise führte mich zu den Natural Bridges (natürliche Steinbrücken in einem gigantischen Canyon), an historischen Indianersiedlungen vorbei, und zum Lake Powell, wo der berühmte Colorado-River zu einem See gestaut wurde. Dies war bisher eigentlich die einzige Enttäuschung, denn es stank wie eine Kloake und der Strand sah auch genauso aus. Dennoch sass ich den ganzen Abend im See (nein, das ist kein Tippfehler: ich sass IM See und las mein Buch!), um mich abzukühlen. Als positiv zu werten wäre da die Tatsache, dass dort eiskaltes Bier verkauft wird, eine Seltenheit im Mormonenstaat Utah, wo man sonst total auf dem Trockenen sitzt. Allerdings würde ich wohl mittlerweile alles trinken, solange es eisgekühlt ist, denn natürlich ist das Wasser, welches ich auf dem Fahrrad mitschleppe, eine Stunde nach Sonnenaufgang "seichwarm". So langsam erinnern sich aber meine Muskeln wieder an ihre Radlerfunktion, mein Hintern härtet sich wieder ab und sämtliches unnütze Zeug flog am dritten Tag in hohem Bogen in den Mülleimer. So geht es jeden Tag ein bisschen leichter, und heute gelang es mir sogar, vor einem drohenden Gewitter davonzufahren, obwohl der Gegenwind am Schluss so stark war, dass ich im Stehen trampeln musste, obwohl es bergab ging. Da es mit dem Wind jeweils auch so hübsch roten Sand aufwirbelt, der dann an meinem verschwitzen Körper klebt, sehe ich abends jeweils wie eine waschechte "Rothaut" aus;-)
Morgen geht es nun kräftig in die Berge zu den Capitol reef, Grand Staircase und Bryce canyon Nationalparks. Das Gute daran: die Temperaturen werden auf über 2500m erträglicher sein, der Nachteil: tja, die Berge eben...

Ach ja, Klapperschlangen: bisher keine Spur von ihnen (Holz anfassen), dafür jede Menge Squirrels und Echsen, viele Hasen, ein paar Murmeli-artige Wüstenbewohner, blaue freche Vögel und Kolibris. Ah ja, und ein Skorpion auf dem Klo! An Wildlife mangelt es jedenfalls nicht.

So, nun werde ich mein Kingsize bed geniessen und wünsche euch guten Start in die Woche! 

 

 

Fotoalbum Moab - Escalante

Kommentare

  1. Kathrin es ist unglaublich was Du erlebst! Unter diesen Bedingungen zu reisen kann man sich nicht vorstellen. Pass auf Dich auf, Deine Cousine Bea

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  2. Liebe Kathrin, so spannend, so anschaulich, so unterhaltsam geschrieben. Danke für die immer willkommene häppchenweise Unterhaltung...freue mich darüber und auch dass Du Deine Grosse Reise immer noch geniesst. Bula. Marlis, ruhend vor dem Startwoche-Sturm an der HSG-Bibl... Must be so far away for you!

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