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Über sieben Berge musst du geh'n, sieben tiefe Täler übersteh'n... *

Hola Suiza,

Wie ihr vielleicht von den Fotos gesehen habt, bin ich mittlerweile einen ganzen Rutsch tiefer im Süden von Mexiko und pedale fleissig Richtung Guatemala. Da das Rumblödeln zu zweit mehr Spaß macht, haben Sven und ich beschlossen, noch eine Weile gemeinsam weiterzufahren.
Zuerst stand aber erst mal Erholung an, und so sind wir die Woche vor Weihnachten in La Paz hauptsächlich auf der faulen Haut gelegen. Wir schafften es jedoch, uns einen Tag von Pool und Hot Tub loszueisen und machten einen Schnorchelausflug zu den Walhaien in der Bucht von La Paz und zur Insel Espiritu Santo. Es war ein gigantisches Erlebnis! Wir konnten neben diesen gewaltigen Fischen im Wasser schwimmen, während sie ihre riesigen Münder aufsperrten und Krill frassen. Ich war so nahe am Walhai dran, dass ich mir fast in die Hose machte, dass er mich versehentlich verschluckt. Der Walhai ist der größte Fisch und wird über 20m lang. Ihr könnt euch vorstellen, wie winzig man sich daneben mit 1.65m fühlt. Wir konnten auch mit Seelöwen und bunten tropischen Fischen schnorcheln, dazu gab es ein leckeres Ceviche-Mittagessen, schöne Inselstrände und zum Abschluss wurde unser Boot von über einem Dutzend Delfinen begleitet. Ein herrlicher Tag, wenn auch kalt - auch im Süden der Baja ist ein Wetsuit nötig zum ausgedehnten Baden. Wir besuchten auch noch Pat, der uns im Norden von Baja ein Stück mitgenommen hatte, in La Ventana. Hier gab es ein freudiges Wiedersehen mit Svens Lenkertasche, die bei Pat auf dem Truck liegengeblieben war. Wir genossen einen gemütlichen Tag bei den Kitesurfern, doch auch hier waren die Badetemperaturen nicht milder. Daher beschlossen wir, einen Luftsprung zu machen, um rasch in südlichere Gefilde zu kommen, und flogen nach Mexiko City. Neben Sightseeing galt es auch diverse Dinge zu organisieren: Zelt flicken (Windstöße und Kakteen bekommen Zelten nicht so gut), Tollwut-Präventionsimpfung erledigen (frustrierender Tag mit interessanten Einblicken ins mexikanische Gesundheitssystem), weitere Route planen.
Wir wollten uns die Vulkane Popocatepetl und Iztaccihuatl (oder einfach Popo und Izta) etwas näher anschauen und radelten daher 60km aus Mexico City raus (hust, fluch, hechel - viele Abgase, viele Kamikaze-Busfahrer, und das alles auf über 2000müM), nach Amecameca, einer hübschen Kolonialstadt auf 2500m am Fuss der beiden Fünftausender. Von da wollten wir zum Paso de Cortez, einem Pass auf 3700m, der zwischen den beiden Vulkanen liegt, und auf die andere Seite nach Cholula radeln. Wir brauchten 2 Tage bis zum Pass hoch, obwohl es nur ca. 30 km waren, dennoch ging uns fast der Sauerstoff aus. Mit Freddy war ich noch nie so hoch oben, es war ein erhabenes Gefühl! Leider empfing uns der Paso de Cortez erst mal mit Regen (Hilfe, wo hat sich denn die Regenjacke versteckt?), dann mit Hagel und Schnee (dito für die Handschuhe). Wir stärkten uns mit literweise süßem Kaffee, bis das Hudelwetter endlich nachliess. Dann kam die Sonne zum Vorschein und die frisch verschneiten Popo und Izta tauchten aus den Wolken auf. Wow! Dieser Ausblick machte alle Mühen wert und beschied uns einen würdigen Sylvestertag. Wir können mit Sicherheit behaupten, dass wir die letzten Velofahrer im 2011 waren, die den Pass überquerten. Anstossen wollten wir dann aber doch lieber unten im Tal in der Wärme, so holperten wir die schlammige und sandige Piste auf der andern Seite runter nach Cholula. Auf den Höhepunkt folgte sogleich auch der Tiefpunkt: in einer Sandverwehung auf der rasanten Abfahrt legte sich Freddy quer und warf mich im hohen Bogen über den Lenker ab. Erster ernsthafter Sturz auf dieser Reise! Zum Glück fuhr ich "nur" mit ca. 20 km/h und es ist nichts Ernsthaftes passiert außer ein paar blauen Flecken. Dank Svens Reiki-Künsten konnte ich am Neujahrstag schon wieder auf der riesigen Pyramide von Cholula rumklettern und wir fuhren weiter nach Puebla. Diese Stadt ist zwar UNESCO-Welterbe und berühmt für ihre hübschen Azulejos (Fliesen), wird aber als ultimativer Flicktag in die Annalen von El Viaje eingehen. Bei meinem Sturz war mal wieder meine Kamera kaputtgegangen (treue Leser/innen erinnern sich an meine Kamera-Debakel auf meiner Südamerika-Reise). Also auf zum Canon-Händler... Der konnte leider nicht so gekonnt helfen wie die Jungs in Cusco, daher sollt ihr euch nicht wundern, wenn ab nun auf vielen Fotos noch ein schwarzer Schatten drauf ist, weil ich die Linsenabdeckung von Hand aufschieben muss wie in guten alten Zeiten. Erfolgreicher war Sven mit seinen Reparaturen: neues Tretlager am Fahrrad und neue Festplatte für den Compi erfolgreich montiert, wenn auch das neu installierte Windows7 manchmal noch etwas spanisch spricht;-)
Nun war es definitiv Zeit, aus den dicht besiedelten Gegenden um Mexico City rauszukommen. Nach 2 Tagen strampeln konnten wir endlich die stark befahrene MEX190 verlassen und fuhren runter in ein tiefes, welliges Tal voller Zuckerrohrfelder, wo die Ernte in vollem Gang war. Die Luft roch richtig fein nach Caramel von dem verbrannten Unterholz. Bald kamen wir auch an Zitrusfrucht- und Papaya-Plantagen vorbei. Leider war die Gegend alles andere als flach, und nach Oaxaca mussten wir nochmals auf über 2200m klettern, nachdem wir auf fast 500m abgefahren waren... zumal die Temperaturen nun auch richtig warm wurden! Da kam ich dann ziemlich an meine Leistungsgrenze und drohte Sven mit Meuterei. Auch die Moskitos fielen massenweise über uns her. Mit Ach und Krach schafften wir es ins schöne Oaxaca, wo wir uns ein paar Tage erholten, Kulturprogramm absolvierten und dem Mezcal frönten (aus rein gesundheitlichen Gründen, versteht sich - ich hatte einen Schnupfen zu kurieren und Sven wollte seine Abwehrkräfte aufbauen). Gut erholt, die übelsten Mückenstiche überstanden und sonstige Wehwehchen kuriert, griffen wir erneut die Berge südlich von Oaxaca an, auf dem Weg Richtung Chiapas. Von diesen Abenteuern aber ein andermal, sonst tipp' ich mir ja noch die Finger wund!
Ganz herzliche Grüße aus dem tropisch heissen Mexico
Kathrin

* title credits von Sven (und Udo ;-)

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