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California, here I come!

 


 

Good morning, Switzerland!
Nach meiner 2-wöchigen Hardcore-Tour durch den Norden Nevadas bin ich endlich wieder in zivilisierteren Gegenden und geniesse das Stadtleben in vollen Zügen. Wie ihr vielleicht von den Fotos gesehen habt, waren die letzten paar Wochen eher entbehrungsreich...
Nach meiner kurzen Ruhepause in Cedar City brach ich am frühen morgen auf Richtung Nevada, für die erste 80km-Etappe nach Milford. Bereits am ersten Tag erhielt ich einen guten Vorgeschmack auf die kommenden Tage: viel Nichts, kaum Kurven und endlose Weite. In Milford tanzt auch nicht grad der Bär, aber immerhin gabs ein Motel, welches noch nicht geschlossen war, und eine Tankstelle mit Subway, welche morgens um 4 aufmacht... Nicht grad ein Grund zum Jubeln, aber praktisch, wenn Frau am nächsten Tag die härteste Etappe ihrer Tour vor sich hat: 135km und 3 Pässe trennten mich vom Baker, Nevada. Wer auch immer diese Gegend "Great Basin" getauft hat, ist nie mit dem Fahrrad gefahren, denn es hat 15 Bergketten, welche dieses "Becken" durchziehen. Es war ein langer, nasser Tag. Jawohl, die Wüste empfing mich mit Regen! Das Gute daran war die relative Kühle, so dass mein Wasserkonsum sich in Grenzen hielt. Der erste Pass war bereits um 10 Uhr erklommen und ich war guter Dinge. Der zweite Pass namens "Wah Wah summit" verlangte dann einiges mehr ab, der Gipfel wollte und wollte nicht kommen... Viele Energieriegel später und bereits 2 Uhr nachmittags stand ich endlich oben und jubelte verhalten, denn ich hatte noch nicht mal die Hälfte des Tages hinter mir. Erneut senkte sich die Strasse in einer endlosen Gerade den Berg runter und sichtbare 30 km weiter wieder den Berg hoch zum nächsten Gipfel. Nun brannte zum Spaß auch noch die Sonne vom Himmel;-) Kurz vor dem Kollaps hielt eine Autofahrerin an und bot mir Wasser an. Ich hatte noch genug dabei, aber wir unterhielten uns eine Weile sehr angeregt (sie fährt auch Velo, aber in gemäßigteren Gegenden), was mir die nötige Motivation gab für die letzten Höhenmeter. Mittlerweile war es 5 Uhr abends und es fehlten immer noch 50 km bis zur Pizza;-)
Allerdings ging es nun bergab, und so segelte ich regelrecht über die Staatsgrenze nach Nevada, stellte meine Uhr auf Pacific Time Zone um, schoss rasch das obligate Foto und kurbelte bei letztem Tageslicht bis Baker. Mannomann, war ich stolz und nudelfertig!! Dank Zeitverschiebung war sogar die Pizzeria noch offen, und es gab ein richtiges Bier (byebye Mormonenstaat Utah).
Diese Heldentat verlangte natürlich nach einem Ruhetag, und ich besichtigte die eindrucksvollen Höhlen im Great Basin Nationalpark. Am Abend traf ich dann gleich 5 Radler, alle auf dem Weg nach Kalifornien! Leider waren sie nicht so geniesserisch wie ich unterwegs und verzichteten auf das grandiose Frühstück, um schon bei Tagesanbruch loszuradeln. Selber schuld, dachte ich mir, und genoss meine eggs & Bacon vor der nächsten 100km-Etappe nach Ely. Die hatten es aber in sich, durch meine verzögerte Abfahrt geriet ich in 4 Gewitterfronten, auf dem ersten Pass dieses Tages schneite es, auf dem zweiten hagelte es, und dann ging die Sonne eine Stunde früher unter als geplant (merke: wenn du eine Zeitzone nach Westen überschreitest, musst du am nächsten Tag eine Stunde früher losfahren, nicht später!!). Nun, auch Idioten wie ich lernen ihre Lektion, aber eben auf die harte Tour: sie fahren die letzten 2 Stunden im Dunkeln, bei Regen, und kommen erst in Ely an, wenn alle Restaurants schon geschlossen sind und nur noch das grausigste Motel ein Bett frei hat... Brrr!
Dies verlangte natürlich nach einem weiteren Ruhetag;-) (so weitermachen, und ich würde nie nach Kalifornien kommen!)
Danach nahm ich es etwas gelassener und campte am nächsten Tag in der Mitte , wo es zwar nur ein künstliches Reservoir mit Plumpsklos gab, aber Wasser ist Wasser;-)
Am nächsten morgen brach ich somit "frisch" und nicht so müde auf. Der erste Pass war bald geschafft und auf der andern Seite kam mir Abbi entgegen! Endlich, ein anderes verrücktes Girl, welches alleine durch die Wüste radelt. Ich bin also nicht die einzige Durchgeknallte, Mami! Falls es euch interessiert, Abbi radelt quer durch Amerika bis an den Atlantik. Ihre Abenteuer könnt ihr auf abbiacrossamerica.wordpress.com verfolgen. Das Witzigste war, dass sie mich mit "hi Kathrin, I've been looking forward to meet you!" begrüßte. Das Buschtelefon funktioniert prima hier draussen;-)
Die Radlertruppe aus Baker (mittlerweile eine halbe Woche voraus) kündete meine Passage überall an, so dass ich von nun an überall mit Vornamen begrüßt wurde. Nett!
Ich schaffte es mit dem letzten Tropfen Wasser in meiner Flasche nach Eureka. Prima Timing! Leider waren hier alle Motels voll besetzt mit Bauarbeitern, welche die Straße neu teeren. Dazu werden hier mindestens 50 Leute benötigt, keine Ahnung wieso... Jedenfalls kein Bett mehr frei, so "durfte" ich im Stadtpark (eine Wiese mit Klo) Zelten. War aber ganz ok, nur über eine Dusche hätte ich mich gefreut.
Weiter gings, Richtung Austin. Leider schaffte ich auch diese Etappe nicht ganz, doch es kam mal wieder zum richtigen Zeitpunkt (sprich, kurz vor Sonnenuntergang) ein primitiver Zeltplatz, diesmal immerhin mit Wasserhahn und zwei netten Rentner-Pärchen, welche mich zum Abend- und Morgenessen (mit frischen Scones, mjam!) einluden. Frisch gestärkt, trödelte ich am nächsten morgen rum (es waren nur 15km bis Austin), doch oh weh- auch hier hatten die Bauarbeiter alle Hotels besetzt... Wieder eine Lektion gelernt! "it's only 55 miles to the next motel, no big distance", wurde mir an der Tankstelle mitgeteilt. Ich bekam fast einen Heulkrampf... Na gut, es war erst 14 Uhr, also füllte ich schweren Herzens meinen 10liter-Wasserbeutel und sauste über die nächsten 2 Pässe. Dort fand ich einen süßen Apfel am Straßenrand, der ganz offensichtlich liebevoll von jemandem für mich dort platziert worden war. Ich nahm dies als gutes Omen und beschloss, mal wild zu campen. Nach einigem Suchen fand ich auch ein gutes Plätzchen, unsichtbar von der Strasse und mit prima Sonnenuntergang. Leider roch ich nun nach 5 Tagen ohne Dusche nicht mehr so toll, und die Fliegen fanden dies super. Die Koyoten heulten und röchelten auch die ganze Nacht, so dass ich nicht sehr süß träumte. Meine Lektion gelernt, reservierte ich am erstbesten Ort, wo mein Handy Empfang hatte, das letzte verfügbare Bett in der Middlegate Station, wo ich abends fast ins Koma fiel vor Erschöpfung. In die Dusche (und die Hose in die Lavabo-Wäsche) schaffte ich es grade noch. Wohltat!!
Ich dachte, nun sei das Schlimmste geschafft (alle Pässe lagen hinter mir), doch die letzten paar Tage in Nevada zog die Wüste nochmals alle Register: erst musste ich einen Salzsee vor Fallon durchqueren (traf dort aber einen Radler, der mir spontan seinen Flachmann gegen den Durst anbot - keine Frage, mit Rum im Blut radelt es sich doch unbeschwerter durch die Waffentest-Area der US-Airforce!), dann wurde ich am nächsten Tag von einem Sandsturm "aufgehalten" und zu guter letzt fast vom Winde und Verkehr verweht kurz vor Carson City. Uff... Endlich in der Hauptstadt Nevadas am Rande der Sierra Nevada angekommen. Waschmaschine, Starbucks und Badewanne standen auf dem Tagesprogramm.
Danach brauchte ich dringend einen Szenenwechsel, und statt der offiziellen Radroute über den Carson Pass zu folgen (noch mehr Berge? Nö, danke!), nahm ich den Casino-Express-Bus zum Lake Tahoe und fuhr über die Staatsgrenze ins grüne Kalifornien. Den ganzen Tag über knipste ich wie eine Wilde den blauen See, die Schneeberge und die grünen Wälder mit richtig hohen Bäumen. Nevada verursacht schon ein paar echte Entzugserscheinungen! Dafür bin ich wieder im Land der Bären und darf abends meinen Food und meine Zahnpasta in die bärensicheren Locker auf den Zeltplätzen einschliessen:-) Gesehen hab ich keine, nur viel Roadkill auf der Strasse: tote Koyoten, Waschbären, Stinktiere und Baby-Klapperschlangen. Letztere sind mir platt und tot am liebsten!
Vom Lake Tahoe, der wirklich schön ist und ans Engadin erinnert, galt es, nochmals ernsthaft in die Pedale zu treten über den Echo summit. Yeeeehaaa! Auch die Sierra Nevada war überwunden, nun stand mir bevor, wovon alle Radler auf dieser Strecke wochenlang träumen: über 2000 Höhenmeter Abfahrt zum Pazifik! Am liebsten hätte ich die Beine hochgelegt, wie das die vielen Harley-Fahrer hier tun, doch es war leider zuviel Verkehr für diesen Spaß. Aber 2 Tage lang konnte ich es fast ungebrochen sausen lassen (oft dachte ich, das kann doch gar nicht wahr sein, muss doch längst unter dem Meeresspiegel sein, und schon ginge wieder runter). So ein Spass hatte ich schon lange nicht mehr! So fuhr ich pünktlich zum Wochenende mit einem riesigen Grinsen in Sacramento ein, wo mich ein netter einheimischer Radler (mal wieder beim letzten Tageslicht) durch sichere Gegenden zur Jugi lotste (offenbar führt die offizielle Radroute mitten durchs Ghetto, wo ich natürlich ahnungslos und frischfröhlich im Dunkeln gelandet wäre, na super...). Heil in der wunderschönen Jugendstil-Villa namens Jugendherberge angekommen, geniesse ich hier guten Kaffee (Starbucks an jeder Ecke), gutes Essen (keine Käsepasta) und prima Kulturangebot (Harry Potter im IMAX) ;-)
Nun sind es nur noch 2 Tagesetappen bis San Francisco, wo Ruth am nächsten Samstag auf mich wartet - juhui! Kann es kaum erwarten! Dann wartet der Highway 1 und Hollywood auf uns, hehe;-)
So, es ist Zeit für den nächsten cafe Latte. Macht's gut, liebe Grüße

  Fotos vom einsamen Highway 50 durch Nevada:

 

 

 

Fotoalbum Cedar City - Carson City
Fotoalbum Carson City - Sacramento

Kommentare

  1. Du schreibst wirklich sehr "amächelig"; ich freue mich, dass du viele nette Begegnungen hast, da wird dich das Heimweh nicht sooo gross plagen, oder vielleicht doch? Wir geniessen momentan den Altweibersommer und das in seiner ganzen Pracht!
    Herzlich grüsst aus der Heimat
    Sylvia

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