Direkt zum Hauptbereich

Der Indien-Radlerin-Reise-Koller (kurz: IRRK), eine tückische Krankheit





 
 
Vorkommen
IRRK tritt hauptsächlich bei weiblichen Langzeitreisenden auf, die dem Hippie-Backpacker-Alter entwachsen sind, ein Mass an Privatsphäre schätzen  und sich nach gewissen Annehmlichkeiten der westlichen Welt sehnen.  Besonders verbreitet unter Radlerinnen, die viel Zeit auf indischen Holperpisten verbringen (sogenannten Nebenstrassen, die vielversprechend einsam, naturnah und ruhig aussehen, sich dann aber als genauso lärmig, verkehrsreich und stressig wie die Hauptstrassen entpuppen, mit dem Zusatz von zahlreichen Schlaglöchern und holprigem Schotter-Asphalt-Gemisch). 

Ebenfalls weit verbreitet ist IRRK unter Reisenden, die sich seit Monaten in Kulturkreisen bewegen, in denen Frauen praktisch unsichtbar sind, und somit eine westliche Radlerin eine ungeniert zu begaffende Sensation darstellt (man stelle sich als Vergleich eine Inderin vor, die auf einem Elefanten durchs Luzerner Hinterland reitet…). Durch die vielen potentiellen Hindernisse auf indischen Strassen (Tiere, Schlaglöcher, unvorhersehbare Manöver der andern Verkehrsteilnehmer) ist grosse Konzentration auf ein paar Meter Asphalt (oder Schotter) vor einem erforderlich. Dies verursacht einen Tunnelblick und lässt die Radreisende viele schöne Dinge übersehen (Blumen, Berge, Tempel, winkende Kinder, Vögel). Dieser Tunnelblick, ein klassisches Phänomen von IRRK, verursacht die verzerrte Wahrnehmung, dass Indien lediglich aus Abfall, Abgasen, Lärm, Verkehr und Fäkalien bestehen könnte.

Ursachen und Symptome:
Neben den allseits bekannten Problemen einer Indienreise (grosses Gefälle zwischen arm und reich, viel sichtbares Elend, ungewohntes Essen, Verdauungsstörungen und Mundverbrennungen wegen hohem Schärfeanteil, eine Milliarde Einwohner und somit überall viiiiiele Menschen, mysteriöse und teilweise verstörende Religion und Kultur) gibt es zahlreiche weitere Ursachen für IRRK. Hier eine Auswahl:

  • Dauerhupen: Abgesehen von prekären Strassenzuständen (siehe oben), die das Zehnfache an Verkehr schlucken müssen, als wofür sie ursprünglich konzipiert wurden:  die unendliche Lärmfreudigkeit der indischen Verkehrsteilnehmer, sei es Trucks, Busse, Rikschas, Motorräder oder Fahrräder. Die Hupe/Klingel ist das wichtigste Utensil und wird wahllos, freudig und dauernd eingesetzt. Dabei leidet natürlich der Einsatz von Bremsen, Ausweichmanövern oder ein Blick in den Spiegel. Gelegentlich beeinträchtigte Fahrkünste werden zusätzlich durch hektisches, brüllendes Telefonieren, um die Huperei zu übertönen, hervorgerufen.
    Symptome
    : abendliches Tinnitus-Klingeln im Ohr, dröhnender Kopf, der zur Grösse einer Wassermelone angewachsen scheint, abrupter Anstieg im Verbrauch von Oropax (dessen Nachschub nicht gesichert ist), Daumenkrämpfe vom eigenen Fahrradklingeleinsatz, um sich auf der Strasse Gehör zu verschaffen (Resultat dessen eher fragwürdig ist, aber frau lässt ja nichts unversucht).
  • Ruhelosigkeit: Unfähigkeit der einheimischen Bevölkerung, die Ruhe zu ertragen. Wenn nicht gehupt oder telefoniert wird, dann lautstark diskutiert, Ferngesehen in Überlautstärke, Musik beschallt übers ganze Tal. Ansonsten wird auch fleissig am Haus repariert und ausgebaut, mit Fräsen, Hämmern und Klopfen.
    Symptome
    : erhöhter Nerv-Faktor bereits beim Kühe-Muhen oder morgendlichem Vogelgesang deuten darauf hin, dass das Mass an zu ertragendem Lärm bei der Radlerin bereits überzogen ist, noch bevor sie auf der Strasse steht.
  • Festfreudigkeit: Inder haben den Drang zum Heiraten und dazu mindestens 1000 Gäste einzuladen, die gerne zu lautstarker, wummernder, geschmackloser Musik die Nacht zum Tag machen. Wenn grade mal keine Hochzeit stattfindet, dann sicher sonst ein Fest, ein Umzug mit viel Drängelei, Trommeln und quäkenden Blasinstrumenten (Beherrschung von Instrument oder Rhythmusgefühl nicht erforderlich).Symptome: Steigerung der persönlich bereits ausgeprägten Abneigung gegen Eheschliessung. Verwünschungen von moderner Technik und indischen Musiklehrern, Herbeisehnen von Stromausfällen (ein frommer Wunsch, diese kommen nie dann, wenn man sie braucht).
  •  Ausscheidungen: zumindest die männliche Bevölkerung hat den kompulsiven Drang, andauernd und immer in guter Sichtweite der Strasse zu urinieren, sich zu übergeben oder noch Schlimmeres. Pausen am Strassenrand sind für die Radlerin somit stets begleitet von Toilettengeruch, wenn nicht sogar Ausblick auf aktiven Toilettengang. Strassenränder und Haltebuchten sind oft die reinsten Tretminen-Slaloms. Hinzu kommen zahlreiche Kuhfladen, welche das ungebremste Sausen um eine Kurve zum echten Flitzer lassen werden.
    Symptome
    : Dehydrierung vom weniger trinken, damit man selber nicht am Strassenrand sein Geschäft erledigen muss, freudlose und kurze Pausen, Zweifeln an der Weiterentwicklung der Menschheit. Unbändige Freude über jedes noch so lausige Plumsklo mit Türe, z.B. an einer Tankstelle.
  • Tiere aller Art: hauptsächlich Kühe, die überall auf der Strasse rumstehen, keine Angst kennen vor dem Verkehr und nicht ausweichen. Da als „heilige“ Tiere überall geduldet, provozieren diese viele Fast-Unfälle und riskante Bremsmanöver, bzw. unverhofftes Ausweichen auf die Gegenfahrbahn (ungeachtet des Gegenverkehrs). Affen belegen ebenfalls einen nicht unbeträchtlichen Anteil der Strasse, weichen aber meist furchtsam aus. Kühe können trotz ihrer Heiligkeit manchmal aggressiv werden und Touristinnen auf die Hörner nehmen, insbesondere, wenn diese Nahrungsmittel dabei haben. Gilt auch für Affen, minus die Hörner.
    Symptome
    : insbesondere bei Alpenland-Bewohnerinnen grosse Überraschung, dass diese in unseren Landen so zahmen und friedliebenden Kuhkreaturen einem auf die Hörner nehmen. Manisches Überprüfen der Bremsen, damit diese ja immer funktionieren. Dankbarkeit um die vorgenommene Tollwutimpfung. Erstaunen, dass indische Kühe „Milk“ auf der eingeschweissten Tüte lesen können und dies so persönlich nehmen, dass sie die Touristin angreifen.
  • Sauberkeit: Hotels werden zu 99% von Männern geführt und „geputzt“. Dies hinterlässt Spuren – vor Dreck starrende Bäder, seit Monaten nicht gewechselte Bettbezüge, bereits mehrfach benutzte Handtücher, Ungeziefer und Ratten überall, nicht geleerte Abfalleimer (falls überhaupt vorhanden) und einen ratlosen Blick, wenn man nach Toilettenpapier verlangt (letzteres kann zu einer Preiserhöhung des Zimmers führen).
    Symptome
    :  ehrliche Reisende werden zu Handtuchklauerinnen bei der erstbesten Gelegenheit, wo es ein sauberes hat. Duschen nur in Sandalen. Schlafen nur nach genauer Inspektion der Matratze, Entfernen der Mäusekacke und seufzendes Ausrollen des Schlafsacks und Beziehen des Kissens mit dem eigenen Sarong (Motto: lieber der eigene Schmutz als der von zahlreichen Fremden). Knausrigkeit beim Benutzen des teuer erstandenen Toilettenpapiers in der letzten Touri-Meile. Manisches Horten von seltenen Plastiktüten und beschämendes Entsorgen von sanitären Produkten an Orten, wo sie die Haustiere (=Ratten) hoffentlich vor dem Hotelbesitzer finden.
  • Unsichtbare Frauen: insbesondere auf dem Land sind indische Frauen im öffentlichen Leben kaum sichtbar. Nicht nur Hotels, sondern auch die meisten Läden, Restaurants, Cafes und Imbissbuden werden von Männern geführt. Frauen sieht man als Touristin eventuell bei der Feldarbeit oder auf dem Heimweg dessen, schwer beladen mit Feuerholz oder riesigen Ballen Grünfutter für die Kühe. Ab und zu verkaufen sie Gemüse auf dem Markt oder helfen bei einer Dhaba im Familienbetrieb mit, jedoch sehr selten. Dann sind sie scheu und zurückgezogen, sprechen oft kein Englisch. Manchmal sind die einzigen Kommunikationsmöglichkeiten ein Lächeln.
    Symptome:
    Heimliches Anzweifeln der offiziellen Statistiken, dass in Indien auf 100 Männer nur noch etwa 85 Frauen kommen – gemäss den Beobachtungen der Radlerin können es nicht mehr als 10 sein.
  • Verzerrtes Bild der westlichen Frau durch die Medien und Tabuisierung des unbeschwerten Kontakts mit der einheimischen weiblichen Fraktion führen zu seltsamen, ja gar lästigen Verhaltensweisen der männlichen Bewohner gegenüber einer Fremden: ungeniertes Starren, kompulsives „Helloooooo“-Zurufen, oft gefolgt von weniger schmeichelhaften Sätzen, welche der Inder auf Englisch beherrscht, indiskretes Nachfragen nach Zivilstand, Drang zu unbeholfenen Berührungen der Westlerin, sei es nur durch Arm umlegen für ein Fotoshooting.
    Symptome:
    Verlust am Vertrauen in die männliche einheimische Bevölkerung verursacht durch zahlreiche unfreiwillige Grabschkontakte. Akute Paranoia vor Fotoshooting mit indischen Männern. Groll gegen MTV und billigen Hollywoodklischees. Wütende, aber sinnlose Tiraden gegen freche Jungs. Ihnen schlechtes Karma fürs nächste Leben an den Hals wünschen (z.B. Wiedergeburt als Enddarmbakterium).
  • Anderes Verständnis von Ehrlichkeit. Oft wird einem der Inder die eigene Rechtschaffenheit beteuern, und im gleichen Satz für eine Dienstleistung das Zehnfache des Preises, den die Einheimischen zahlen, verlangen. Vereinbarte Preise werden im Nachhinein erhöht. „Dienstleistungen“ erbracht, die man nicht verlangt hat, und dann abkassiert. Dies mit einem Lächeln, das keiner Fliege etwas zuleide tun könnte und empörtem Ausrufen, wenn die Reisende auf einen fairen Preis (zum Beispiel, nur das Dreifache des Einheimischen-Preises zu bezahlen) besteht.
    Symptome
    : grenzenlose Knausrigkeit beim Einkaufen täglicher Dinge, totales Ausblenden des aktuellen Wechselkurses, Verdrängen, dass man soeben für weniger als 5 Euro fürstlich zu zweit gespeist hat und für weniger als 1 Euro durch die halbe Stadt gekarrt wurde. Unschöne Dialoge mit Hotelbesitzern und selbsternannten Parkplatzwächtern.
Therapiemöglichkeiten
Vorsicht: hierbei handelt es sich um Arzneimittel. Bitte beachten Sie die Packungsbeilage.
 
1) Austausch und Herzausschütten bei anderen westlichen Reisenden (auch bekannt unter: geteiltes Leid ist halbes Leid). Diese Methode ist lediglich Symptombekämpfung und garantiert keine Heilung. Sie kann jedoch das Leid akut lindern, hat keine nachhaltigen Nebenwirkungen und tut der Seele gut. Insbesondere, wenn die Radlerin sich mit andern weiblichen Wesen austauschen kann. Besonders geeignet: alte WG-Partnerin, die sich per Zufall grad am selben Ort aufhält und langjährige Indienerfahrung besitzt. Fazit der Patientin: Danke tuusigmol, Daniela! 

2) Hamburger und Pizza: an touristischen Orten erhältlich und durchaus geniessbar. Gute Abwechslung von der indischen Kost, kann das Heimweh vorübergehend bekämpfen. Pure Symptombekämpfung, kein nachhaltiger Effekt (ausser Nebenwirkungen wie Pickeln und leichtem Völlegefühl). Leider kein Ersatz für einen herzhaften Greyerzerkäse, ein feines Ruchbrot oder gar echte Schweizer Schoggi. Ganz zu schweigen von Mamis Weihnachtsguezli oder einem feinen Glühwein (oder zwei, drei) auf dem verschneiten Weihnachtsmarkt. Fazit der Patientin: Pommes sind doch nicht sooo übel, wenn sie nicht immer in Alu Gobhi Version daherkommen. Indische Hamburger schmecken auch ohne Rind (es lebe der Vegiburger). 

3) Flucht nach Goa (auch bekannt unter: (R)inderfreie Zone). Vorteile: die Patientin kann Indiens wunderbares Winterwetter (=Sommer, Sonne, Meer) geniessen, an gewissen Stränden sogar im Bikini baden, ohne begafft zu werden, ohne den ganzen Indien-Stress. Nebenwirkungen: kostenspieliges Unterfangen, besonders zur Weihnachtszeit. Mögliche Überdosis an europäischen Sonnenanbetern, Partygängern und Alkoholleichen. Nicht das wahre Indien, weshalb man hergekommen ist, daher innere Gewissensbisse vorprogrammiert. Ausserdem ein Chrampf zum Hinkommen, egal mit welchem Transportmittel, wenn man ein Velo, Fahrradtaschen und eine Gitarre im Schlepptau hat. Und den Bikini schon vor Wochen nachhause geschickt hat. Fazit der Patientin: dieses Medikament erst einsetzen, wenn es nicht mehr anders geht. Einnahme vorläufig verschoben, vielleicht nach dem Weihnachtsrummel. 

4) Einchecken in ein Hotel mit Annehmlichkeiten die da wären: Wifi überall, unten an der Rezeption gute Kaffeebar mit echtem Espresso zu horrenden Preisen, Dachrestaurant, an dem man tagsüber ungestört und der Kingfisher-Nachschub gesichert ist. Sich über dessen Kosten nicht aufregen. Eine saubere Dusche, ein westliches, sauberes Klo, frisch gewaschene Handtücher, Toilettenpapier-Nachschub auf freundliches, insistierendes Nachfragen gewährleistet. Nebenwirkungen: Tendenz zu erhöhtem Alkoholkonsum und exzessivem Koffein-Intake. Verbarrikadieren im Hotelzimmer und über Wifi Herzschmerz-Filme herunterladen. Träge wie ein Faultier werden (soll ich wirklich die zwei Minuten bis zum Laden um die Ecke laufen, um Milch zu kaufen, oder schmeckt das Müesli auch trocken?). Potentiell auf dumme Gedanken kommen. Fazit der Patientin: funktioniert für eine bestimmte Zeit. Irgendwann muss man sich aber den indischen Tatsachen trotzdem stellen. 

5) Vipassana-Meditation: 10 Tage meditierend und schweigend verbringen. Strikter Tagesablauf (4.00 Uhr Tagwache), geregelte Essenszeiten (2x am Tag), bestehend aus Reis und Dahl, kein Alkohol. Fazit der Patientin: Nichts für mich. Sie hat sich für Option „Einchecken in angenehmes Hotel“ (s. oben) entschieden, während ihr Partner dieses Medikament alleine ausprobiert.  

6) Fahrzeug wechseln: mit dem Fahrrad durch Indien reisen ist nur für Hardcore-Radlerinnen. Definitiv nicht zu empfehlen. Als Behandlungsmethode bietet sich an, die Reise anderweitig zu gestalten: zum Beispiel mit dem Motorrad. Erfordert jedoch ein bisschen Erfahrung und idealerweise sogar noch einen offiziellen Motorradführerschein, zumindest, um eine Bullet zu fahren. Wäre etwas schneller als der Fahrradpartner, würde somit aber zu vielen zusätzlichen Pausen verhelfen. Da Pausen in Indien weniger schön sind (siehe oben), könnte man allenfalls im Radeltempo schleichen. Vom Autofahren in Indien ist abzuraten, Rikschafahren nur für den Nahverkehr geeignet. Allenfalls kommen Kamel, Elefant oder Esel in Frage. Nebenwirkungen: unbequeme Sitzhaltung, vermutlich langsamer als der Partner mit dem Fahrrad. Zug und Bus: durchaus gut machbar, auch für eine Frau alleine. Schwieriger, wenn der Partner lieber radeln möchte, wird zur logistischen Herausforderung. Fazit: die Patientin hat nach einer ersten Fahrprobe auf einer Bullet etwas Zweifel, müsste noch recht viel üben. Mit Gas und Kupplung und so. Aber Spass machts, Fahrersitz definitiv bequemer als Beifahrersitz. Vielleicht ein Scooter? Eine erste Nachtzugerfahrung fand die Patientin eher abschreckend und bürokratisch. Allenfalls aufsteigen von der Holzklasse in die AC Sleeper. Dort kann man nämlich die Türe zumachen. Ohne Fahrradverlad definitiv weniger kompliziert. Behandlung hat Potential.

7) Embrace India: diese Behandlungsmethode ist die krasseste von allen. Sie verlangt extreme Willensstärke, grosse Aufopferung, unendliche Flexibilität, Freude an den Menschen und ihren Eigenheiten in diesem Land. Diese Rezeptur erfordert ein intensives Auseinandersetzen mit der indischen Kultur, Sprache, Religion und viel Kontakt mit den Einheimischen. Ärger, Nervenaufreibungen, Unwohlsein und schlaflose Nächte sind vorprogrammiert. Nach Durchziehen dieser Kur ist die Patientin dafür lebenslang vom Indien-Reisekoller geheilt und kann unbehindert die schönen Seiten dieses Landes geniessen. Nebenwirkungen: siehe auch Ursachen. Fazit der Patientin: mehrfach versucht, bisher kläglich versagt. 

8) Heimreise (auch bekannt unter: Bettel hinschmeissen): diese radikale Methode kann die IRRK-Beschwerden natürlich sofort und restlos heilen. Bei dieser Behandlung ist allerdings mit folgenden, nicht zu unterschätzenden Nebenwirkungen zu rechnen: deutliche Belastung des Geldbeutels für den Rückflug. Akuter Klima- und Kulturschock, vor allem bei einer Heimreise in den europäischen Winter (Schnee, Regen, Matsch, Hochnebel...) und die stressige Vorweihnachtszeit. Festtags-Familienbesuche mit Partner koordinieren kann kompliziert werden. Geschenke besorgen ebenfalls. Erfordert weitere Zukunftspläne, mit Fragen der Angehörigen („Und was nun?“) zu folgenden Themen ist zu rechnen: Arbeit suchen, Wohnung mieten, das Übliche? Oder doch etwas ganz Anderes? Und will die Patientin das Vagabundenleben tatsächlich aufgeben, wieder sesshaft werden? Und wenn, dann wo? Schweiz, Deutschland, anderswo? Oder doch nur schnell zuhause vorbeischauen, neue Energie tanken, ein Time-Out sozusagen? Und dann nach den Feiertagen wieder ab in die Wärme? Eine weitere Nebenwirkung könnte auch ein gewisses Gefühl von Schwäche oder Scham sein, dass man es nicht „ausgestanden“ hat, dass man zu verwöhnt/alt/anspruchsvoll ist für gewisse Reiseformen, oder noch schlimmer, einfach zu wenig abenteuerlich? Diese Nebenwirkung mag durchaus auch im Heimatland noch anhalten und einen gewissen „Was wäre wenn…?“ Nachhall-Effekt haben. Fazit der Patientin: wenn auch schmerzhaft für den Geldbeutel und fürs Ego, so scheint diese Behandlungsmethode immer verlockender. Endlich wieder Freundinnen und Familie sehen. Vertraute Sprache sprechen und die Menschen verstehen, nicht nur ihre Worte, sondern auch, was sie damit meinen, wie sie ticken. Gewisse Selbstverständlichkeiten zuhause wie Aufrichtigkeit, Sauberkeit (verantwortungsvolle Müllentsorgung, zum Beispiel), (Strassen-)Ordnung. Mamis Weihnachtsguetzli, Schweizer Käse und Schoggi. Zukunftspläne schmieden sich am besten in einer Umgebung wo man sich wohlfühlt, nicht in einem düsteren Hotelzimmer. Das Visum läuft noch bis zum April, eine Rückkehr nach Südasien, vielleicht ohne Fahrrad aber mit besserer Laune, ist jederzeit möglich. Wenn die Behandlungsmethode nicht anschlägt, dann gibt’s ja immer noch sieben andere! :-)

Liebe Schweiz, Rückflug ist gebucht, ich komme. Ankunft Zürich Flughafen am Samstag, 21. Dezember morgens um halb sieben. Empfangskomitee nicht nötig, ist viel zu früh am Weihnachtswochenende ;-) Aber wer über die Feiertage in der Schweiz ist und Zeit hat, ich würde mich freuen, bei euch mal auf ein Glas Rotwein, Glühwein, Quöllfrösch oder einfach Rivella vorbeizuschauen. Wenn’s sein muss, auch ein Chai :-)
Bis bald!

Kommentare